Sonntag, 19. Mai 2013

40. fortsetzung "nirgendwo"


frau dürr nahm meine münze und legte sie in den kasten. "gehen sie ruhig in den garten. der könig fragte schon nach ihnen. er ist nicht gern allein. kleinkerl hüpft zwar immer um ihn herum, aber der narr allein macht ihn nicht froh". "wo ist den sein königreich? ist es weit dorthin? warum ist er hier? hat er abgedankt?" frau dürr zögerte. "fragen sie bitte den könig selbst. ich plaudere nicht über meine gäste". im garten lag der könig in der hängematte. kleinkerl wedelte mit dem fächer. ich stand abseits und lauschte den vögeln, die viel zu erzählen hatten. aber ich verstand es nicht. "auch nur geschwätzt", dachte ich. kleinkerl beobachte mich aufmerksam, während er fleißig fächerte. der könig schlief. kleinkerl beugte sich über ihn und schaffte es, ihm die krone von kopf zu nehmen, ohne ihn zu wecken. er hielt sie hoch und setzte sie auf. er wackelte heftig, ohne das sie ihm vom kopf fiel. "passt!" rief er, hielt dann den finger vor die lippen, "ruhe! der könig schläft". er kam zu mir rüber. "nicht übel" und fasste mit beiden händen die krone, lupfte sie und setzte sie ganz langsam zurück. die passenden worte zur krönung fielen ihm nicht ein, so sagte er nocheinmal "passt". er griff meine hand und er war gleich das kind, das ich durch den garten führen soll, um ihm die welt zu zeigen. er lies los und war wieder kleinkerl. "kleinkerl, wo sind eigentlich die kinder?". das lies er sich nicht gefallen. "bist du dumm?", schrie er mich an. er drehte sich weg, ging in die knie und hielt sich beide hände vors gesicht. wütend sprang er an mir hoch und schaffte es mich umzuwerfen. auf dem boden liegend drehte er mir die nase um. "au", schrie ich, "au". ich sah sterne und dann kinder. sie standen mit frau dürr um mich herum. "zuviel sonne", sagte frau dürr, die mir mit einem feuchten tuch auf die stirn tupfte. "oder zuviel maibowle", kicherte kleinkerl. er hielt mir den durch die finger gesteckten daumen vor. "bin ich nicht ein naseweis" sang er. er sang einen tiefen bass, konnte aber auch die tonleiter hinauf. frau dürr duldete aber nur die tiefen töne. "kleinkerl, nicht so schrill", rief sie und hielt sich die ohren zu. mir kamen die sinne zurück und frau dürr erschien mir viel jünger als gestern. kleinkerl sang nun: "mit jedem tag wird man jünger und jünger". ihm fiel kein reim ein und so wiederholte er "jünger" solange, daß auch ich mich wieder jung fühlte. frau dürr bat kleinkerl mir aufzuhelfen und verbot ihm mich wieder zu schubsen. "er hat die kinder nicht gesehen!", empörte er sich wieder, bekam aber keinen wutanfall mehr. die kinder sprangen wieder herum und hörten mit dem spielen nicht auf. der könig war wach und umfasste mit beiden händen meine hand und drueckte sie kräftig. "schön, daß es ihnen wieder gut geht! so eine ohnmacht, macht einen doch sehr blass. aber nun ist er wieder unter uns!" dabei zwickte er mir in die backe und lobte die röte. "kommen sie!, setzen sie sich in den schatten". er ging voran und führte mich in die laube. die maibowle wurde frisch gebracht und die kinder bekamen wackelpudding.

"ruhe! der könig schläft"