Freitag, 30. September 2011

tränen

das fleisch, das von den knochen gefallen auf der seite lag verweste nicht: es wartete nur eine zeit lang bedeutungslos ab, das es zurückkonnte, als hülle und kraft. doch nun mussten die knochen  tanzen, mussten ihr fleisch entbehren und zeigen, was sie konnten. wie so in der kühlen luft das gerippe sich bog und die sehnen spannte und löste, da fielen aus den leeren augenhöhlen bäche.

schule


der götze steht hinter dem pult und diktiert: die behaarten arme stecken in den kurzen ärmeln seines weissen hemdes: er wippt mit dem zeigestock:  ich sehe ihn hier und dort: seine verkleidungen sind mannigfach: er verbirgt  sich unter den ratgebern: er sucht sich das naheliegende: blinzelt mit den knopfaugen, wenn er mein bild betrachtet, und lobt mich: aber sein lob ist mir unangenehm:  er lobt , was mir am wenigsten bedeutet: er treibt mich zurück zur herde: im pferch darf ich gras fressen: ich versuche zu entkommen: eine zeitlang gehe ich eine andere strasse, um ihm nicht in die arme zu laufen: habe ich ihn satt, wird er hungrig: bin ich hungrig, ist er satt: ich traf ihn als lehrer, pfarrer und freund: jeden ratschlag meide ich: jede noch so naheliegend lösung verneine ich: alles schlüssige ist mir feind: türen, die sich öffnen, bedrohen mich, als solle ich aus dem keller kohlen heraufholen: ich vermeide zu lesen, zu hören, zu sehen, zu essen, aus angst das, was ich finden möchte, schon gefunden wurde, und mir nun vorliegt zur wiederholung: es bleibt dabei: ich mache es: ich hole den eimer kohlen und pfeife im dunkelen

Donnerstag, 29. September 2011

ideenlos

ich habe keine ideen, und wenn ich eine habe, und ihr folge, etwa mit den werkzeugen des malens oder zeichnens, um ihr habhaft zu werden, sie darzustellen in form eines bildes, dann scheitere ich. spuren eines unbegabten, krampfhaft konzentrierten, um form bemühten verunstalten den erteilten auftrag. das bild ist unansehlich, nicht zu ertragen, dümmlich, banal, kläglich.
so wurde ich, da ich das kunstmachen trotzallem nicht aufgeben wollte, ein künstler, der im doppelten sinne atrappenkunst betrieb, also die fähigkeit entwickelte, feine und kunstvolle atrappen herzustellen, die dem betrachter kunst vorgaukeln.
ich ging mit einer gespielten absichtslosigkeit ans werk, krikelte oder kleckerte, mal vorsichtig , mal frech auf die freie fläche, und las dann im kaffesatz: vorsicht falle, denn genau das, was ich vermeiden wollte, eine idee, hatte sich im kaffeesatz verborgen und wollte herausgelesen werden. ich wendete also, so gut es ging, den blick nach oben an die kante, da wo sich aussen und innen berühren, und kritzelte weiter. ich überliess es den werkzeugen und der hand, zu spuren. und sie spurten, liessen sich jagen und hetzten ein anderes mal selbst. es begann zu werden, und ich liess es zu. 

Mittwoch, 28. September 2011

postulat


um zu vermeiden, das sich meine kunst mit der zeit verheddert, übe ich sie, in eine art somnambulen zustand versetzt, so ganz nebenbei aus: wie ein zombie: jede hingabe oder begeisterung würde sich verheerend auswirken: alles soll blass bleiben: als wäre es nie lebendig gewesen

Dienstag, 20. September 2011

.......

die traurigkeiten, die ich auf dem rücken liegend spüre, sticht, als hefte mich eine ratternde nadel an die unterlage. die tränen stehen wie schüchterne idioten, die ihre nasen an die scheibe drücken, vor den leeren schaufenstern: auf einlass hoffend. hinter den scheiben schlägt ein vergessener teddybär purzelbäume, wobei ein bein, das nur noch am faden hängt, zuerst längs auf den boden schlägt: bumm: die nach innen bohrenden tränen, hinterlassen löcher: die über mir schwebenden regenwürmer halten inne: sprachlos starre ich in die luft

Samstag, 17. September 2011

scheissgedanken

es ist peinlich, aus einem scheissgedanken, einen götzen zu konstruieren. ich will es tuen: am grundes des beckens, knapp über dem wasserstand, klebte ein brauner fleck auf dem weissen porzellan: dem mit wasserglas glasierten schneeweissen porzellan: dem reinsten und schönsten porzellan im hause: ich blickte hinterher, als ich spülte: im wasser spiegelte sich ein kleines krummes männchen, das zu angeln schien: am abend wollte ich das becken säubern: da war es verschwunden: in meinem gemüt schlummerte ein trauriger gedanke: ich sah den angler am see: ich fühlte die tiefe und schauderte: ich kann nicht schwimmen: ich ging hinüber auf meine bettstatt und stellte den fernseher an: eine weile war ich unterhalten: dann wollte ich die augen nicht mehr anstrengen und drehte mich zur seite: im vorhang zum balkon versteckte sich ein traum: oder in den tapeten: oder im kleister darunter: dieser geruch frischer tapeten: ich schlief schon: als im dürren uferschilf im seichten mondlicht im warmen brackigen wasser eben ein fisch an land sprang: nicht freiwillig: der kerl der ihn herausgelockt hatte war klein: wie ein kind: er war ganz in braunes fell gehüllt: filziges wollenes gestricktes fell: überall: kleine knopfaugen: wie teddy: er sah traurig aus

Freitag, 16. September 2011

a trap


die attrappenkunst hat es leicht: der stier fällt auf einen simplen kasten rein: der mensch sieht im vögelnden hahn gelegentlich nur garibaldis hutfeder wipfen: eine attrappe zum thema eitelkeiten herzustellen gelingt also in der regel: ich vermute es waren da einige federn zu betrachten: einfältig kommt besser als aufmüpfig: eine eigene position gilt als frech: so irrte sie jury zwischen sinnfälligen und augenfälligen atrappen , um dann das ene mene muh spiel zu beginnnen: natürlich gibt es einen sieger: brauchen sie ja: werfen einen batzen geld auf den hof: öffnen die tore und harren der dinge: bitte nur die visitenkarten einwerfen: es geht gerecht zu: wohl eher reinfällig

diene

du könntest wissen, dass ich die tür des tabernakels schmücke, ich, götze, ich, dein ich, dein ich, du wicht: tritt also mit ehrfurcht heran und senke den blick: schau mich an: jetzt: siehst du meine milde: siehsts du wie ich glühe: siehst  du meine kühlen augen: schlitzaugen: ich muss dich beobachten; schau durch den schlitz: und wage es nicht mir einen ring um den fuss zu legen: meinen krallenfuss: küss mir die nase: deine nase: und jetzt salbe auf die hörner: jucken fürchterlich

Donnerstag, 15. September 2011

das telefon hat geklingelt

tja äffchen: darf dich doch so nennen: nun hat man angerufen: du hingst tatsächlich an der wand: hätt's du mir auch sagen können: oder warst du starr vor angst: all diese blicke: sind wohl im kreis gelaufen und haben polka getanzt: janz besoffen: die bande: und dann hast wohl gar zu garstig dreingeschaut: nein, nein. nein: jetzt klingelst: sie fanden dich einfach nur zu eitel: du kamst ihnen zu großkotzig daher: kurzum sie mochten dich einfach nicht

impertinent


ich zweifele: dieses siegerbild: mit siegerrahmen: wurde ausjuriert? niemals: ich meine, es war nie in der halle, stand nie in der box, hatte nie gewiehert und deshalb auch nicht besichtigt: das foto lag nie auf dem tisch, hing nie an der wand: war es gefangen in einem stapel, der zwischen den juroren hin und her rutsche, fiel es auf den boden: hast du es herausgenommen, ich frage die juroren nacheinander, jeden einzelnen und antwortet wahrheitsgemäss und gewisshaft, hast du, stadträtin, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert, hast du, vom kulturamt, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert, hast du, prokurist, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert, hast du, chef, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert

.........

sollte der geist während der arbeit das werk informiert haben, so bleibt es fortan fragwürdig: ein gespinst von gespenstern: fortwirkend: gruselig oder beruhigend: ich will nun eine zeitlang so tuen als hättest du: götze: eine stimme und mit dir reden: also: versuchen wir's ersteinmal blöde und lustig

götze: ich schäme mich
ich: wieso?
götze: ausjuriert: aus die maus: scheisse: hatte mir den siegerkranz schon umgehängt: siehste: gold und eiche:
ich: du bist eitel
götze: und du blöd
ich: wieso denn das 
götze: du rechtfertigst dich immer
ich: dich habe ich auch gefertigt
götze: na und..moment..ich werde betrachtet..ich werde beklotzt: hauch mir bedeutung ein, junge: nimm mich ins bett, mädchen: mir kühlen die füsse: mir stehen die hörner: ich schlitz dich nicht: keine furcht: ich hupe nur und blase fürchterlich

Mittwoch, 14. September 2011

geschichte eines bildes

eitel und ausjuriert, das bild: ein rahmen wie ein siegerkranz: wenn das nicht eitel ist! auf einem gang, davon unzählbar viele, streifzüge wie ein kater, im viertel und die angrenzenden, sprang mir eine hässliche kleine gestalt, wie ein krüppelmännchen, ins auge, die im braunen hauste: auf der tür eines grauen schaltkastens. ich sammelte die speicherbaren bildpunkte in eine datei: hatte durch die linse geschaut und ausgelöst: ging weiter. später fiel mir das bild auf, als ich vorlagen suchte, die ich mit anderen bildern zu neuem zusammenfügen wollte. das ich der kreatur hörner aufsetze und hahnenfüsse, sowie augen vom hahn und nase von mir, geschah zwangsläufig: untergründige ideen wurden zu agenten und wählten. ich nannte es götze