Mittwoch, 19. September 2012

summary: "götze"





eitel und ausjuriert, das bild: ein rahmen wie ein siegerkranz: wenn das nicht eitel ist! auf einem gang, davon unzählbar viele, streifzüge wie ein kater, im viertel und die angrenzenden, sprang mir eine hässliche kleine gestalt, wie ein krüppelmännchen, ins auge, die im braunen hauste: auf der tür eines grauen schaltkastens. ich sammelte die speicherbaren bildpunkte in eine datei: hatte durch die linse geschaut und ausgelöst: ging weiter. später fiel mir das bild auf, als ich vorlagen suchte, die ich mit anderen bildern zu neuem zusammenfügen wollte. das ich der kreatur hörner aufsetze und hahnenfüsse, sowie augen vom hahn und nase von mir, geschah zwangsläufig: untergründige ideen wurden zu agenten und wählten. ich nannte es götze

sollte der geist während der arbeit das werk informiert haben, so bleibt es fortan fragwürdig: ein gespinst von gespenstern: fortwirkend: gruselig oder beruhigend: ich will nun eine zeitlang so tuen als hättest du: götze: eine stimme und mit dir reden: also: versuchen wir's ersteinmal blöde und lustig

götze: ich schäme mich
ich: wieso?
götze: ausjuriert: aus die maus: scheisse: hatte mir den siegerkranz schon umgehängt: siehste: gold und eiche:
ich: du bist eitel
götze: und du blöd
ich: wieso denn das 
götze: du rechtfertigst dich immer
ich: dich habe ich auch gefertigt
götze: na und..moment..ich werde betrachtet..ich werde beklotzt: hauch mir bedeutung ein, junge: nimm mich ins bett, mädchen: mir kühlen die füsse: mir stehen die hörner: ich schlitz dich nicht: keine furcht: ich hupe nur und blase fürchterlich

ich zweifele: dieses siegerbild: mit siegerrahmen: wurde ausjuriert? niemals: ich meine, es war nie in der halle, stand nie in der box, hatte nie gewiehert und deshalb auch nicht besichtigt: das foto lag nie auf dem tisch, hing nie an der wand: war es gefangen in einem stapel, der zwischen den juroren hin und her rutsche, fiel es auf den boden: hast du es herausgenommen, ich frage die juroren nacheinander, jeden einzelnen und antwortet wahrheitsgemäss und gewisshaft, hast du, stadträtin, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert, hast du, vom kulturamt, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert, hast du, prokurist, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert, hast du, chef, das bild betrachtet, hast du es ausjuriert  und warum hast du es ausjuriert

tja äffchen: darf dich doch so nennen: nun hat man angerufen: du hingst tatsächlich an der wand: hätt's du mir auch sagen können: oder warst du starr vor angst: all diese blicke: sind wohl im kreis gelaufen und haben polka getanzt: janz besoffen: die bande: und dann hast wohl gar zu garstig dreingeschaut: nein, nein. nein: jetzt klingelst: sie fanden dich einfach nur zu eitel: du kamst ihnen zu großkotzig daher: kurzum sie mochten dich einfach nicht

du könntest wissen, dass ich die tür des tabernakels schmücke, ich, götze, ich, dein ich, dein ich, du wicht: tritt also mit ehrfurcht heran und senke den blick: schau mich an: jetzt: siehst du meine milde: siehsts du wie ich glühe: siehst  du meine kühlen augen: schlitzaugen: ich muss dich beobachten; schau durch den schlitz: und wage es nicht mir einen ring um den fuss zu legen: meinen krallenfuss: küss mir die nase: deine nase: und jetzt salbe auf die hörner: jucken fürchterlich

die attrappenkunst hat es leicht: der stier fällt auf einen simplen kasten rein: der mensch sieht im vögelnden hahn gelegentlich nur garibaldis hutfeder wipfen: eine attrappe zum thema eitelkeiten herzustellen gelingt also in der regel: ich vermute es waren da einige federn zu betrachten: einfältig kommt besser als aufmüpfig: eine eigene position gilt als frech: so irrte sie jury zwischen sinnfälligen und augenfälligen atrappen , um dann das ene mene muh spiel zu beginnnen: natürlich gibt es einen sieger: brauchen sie ja: werfen einen batzen geld auf den hof: öffnen die tore und harren der dinge: bitte nur die visitenkarten einwerfen: es geht gerecht zu: wohl eher reinfällig

es ist peinlich, aus einem scheissgedanken, einen götzen zu konstruieren. ich will es tuen: am grundes des beckens, knapp über dem wasserstand, klebte ein brauner fleck auf dem weissen porzellan: dem mit wasserglas glasierten schneeweissen porzellan: dem reinsten und schönsten porzellan im hause: ich blickte hinterher, als ich spülte: im wasser spiegelte sich ein kleines krummes männchen, das zu angeln schien: am abend wollte ich das becken säubern: da war es verschwunden: in meinem gemüt schlummerte ein trauriger gedanke: ich sah den angler am see: ich fühlte die tiefe und schauderte: ich kann nicht schwimmen: ich ging hinüber auf meine bettstatt und stellte den fernseher an: eine weile war ich unterhalten: dann wollte ich die augen nicht mehr anstrengen und drehte mich zur seite: im vorhang zum balkon versteckte sich ein traum: oder in den tapeten: oder im kleister darunter: dieser geruch frischer tapeten: ich schlief schon: als im dürren uferschilf im seichten mondlicht im warmen brackigen wasser eben ein fisch an land sprang: nicht freiwillig: der kerl der ihn herausgelockt hatte war klein: wie ein kind: er war ganz in braunes fell gehüllt: filziges wollenes gestricktes fell: überall: kleine knopfaugen: wie teddy: er sah traurig aus

die traurigkeiten, die ich auf dem rücken liegend spüre, sticht, als hefte mich eine ratternde nadel an die unterlage. die tränen stehen wie schüchterne idioten, die ihre nasen an die scheibe drücken, vor den leeren schaufenstern: auf einlass hoffend. hinter den scheiben schlägt ein vergessener teddybär purzelbäume, wobei ein bein, das nur noch am faden hängt, zuerst längs auf den boden schlägt: bumm: die nach innen bohrenden tränen, hinterlassen löcher: die über mir schwebenden regenwürmer halten inne: sprachlos starre ich in die luft

um zu vermeiden, das sich meine kunst mit der zeit verheddert, übe ich sie, in eine art somnambulen zustand versetzt, so ganz nebenbei aus: wie ein zombie: jede hingabe oder begeisterung würde sich verheerend auswirken: alles soll blass bleiben: als wäre es nie lebendig gewesen

ich habe keine ideen, und wenn ich eine habe, und ihr folge, etwa mit den werkzeugen des malens oder zeichnens, um ihr habhaft zu werden, sie darzustellen in form eines bildes, dann scheitere ich. spuren eines unbegabten, krampfhaft konzentrierten, um form bemühten verunstalten den erteilten auftrag. das bild ist unansehlich, nicht zu ertragen, dümmlich, banal, kläglich.
so wurde ich, da ich das kunstmachen trotzallem nicht aufgeben wollte, ein künstler, der im doppelten sinne atrappenkunst betrieb, also die fähigkeit entwickelte, feine und kunstvolle atrappen herzustellen, die dem betrachter kunst vorgaukeln.
ich ging mit einer gespielten absichtslosigkeit ans werk, krikelte oder kleckerte, mal vorsichtig , mal frech auf die freie fläche, und las dann im kaffesatz: vorsicht falle, denn genau das, was ich vermeiden wollte, eine idee, hatte sich im kaffeesatz verborgen und wollte herausgelesen werden. ich wendete also, so gut es ging, den blick nach oben an die kante, da wo sich aussen und innen berühren, und kritzelte weiter. ich überliess es den werkzeugen und der hand, zu spuren. und sie spurten, liessen sich jagen und hetzten ein anderes mal selbst. es begann zu werden, und ich liess es zu. 

der götze steht hinter dem pult und diktiert: die behaarten arme stecken in den kurzen ärmeln seines weissen hemdes: er wippt mit dem zeigestock:  ich sehe ihn hier und dort: seine verkleidungen sind mannigfach: er verbirgt  sich unter den ratgebern: er sucht sich das naheliegende: blinzelt mit den knopfaugen, wenn er mein bild betrachtet, und lobt mich: aber sein lob ist mir unangenehm:  er lobt , was mir am wenigsten bedeutet: er treibt mich zurück zur herde: im pferch darf ich gras fressen: ich versuche zu entkommen: eine zeitlang gehe ich eine andere strasse, um ihm nicht in die arme zu laufen: habe ich ihn satt, wird er hungrig: bin ich hungrig, ist er satt: ich traf ihn als lehrer, pfarrer und freund: jeden ratschlag meide ich: jede noch so naheliegend lösung verneine ich: alles schlüssige ist mir feind: türen, die sich öffnen, bedrohen mich, als solle ich aus dem keller kohlen heraufholen: ich vermeide zu lesen, zu hören, zu sehen, zu essen, aus angst das, was ich finden möchte, schon gefunden wurde, und mir nun vorliegt zur wiederholung: es bleibt dabei: ich mache es: ich hole den eimer kohlen und pfeife im dunkelen

das fleisch, das von den knochen gefallen auf der seite lag verweste nicht: es wartete nur eine zeit lang bedeutungslos ab, das es zurückkonnte, als hülle und kraft. doch nun mussten die knochen  tanzen, mussten ihr fleisch entbehren und zeigen, was sie konnten. wie so in der kühlen luft das gerippe sich bog und die sehnen spannte und löste, da fielen aus den leeren augenhöhlen bäche.

drei regale: für jeden künstler eine lange bank: der coach trillernd pfeift: farbe verschüttet: mit freundlichem gesicht aus dem fenster gewinkt: dem vermieter die räume gezeigt: die leiter falsch herum bestiegen: die morschen latten knacken:
wenn traurig im laden, über die konsistenz geredet wird, die erkenntnis gewonnen wird: zu dick aufgetragen: mit einemmal die einsicht ins dünne: in eine milchige flüssigkeit: die sanft übers papier fliesst: wer bezahlt: im zweifel ich natürlich: 

ich sah götze in einem der affenkäfige, welche die strasse säumten. er hatte sich den männern angeglichen, die dort rumhockten, nichts taten, als aus ihren masken zu glotzen. handgelenke platzierten sich weibisch auf den bistrotischen: ticke tacke:
nahe dem metzgerladen, bot ein schwein grinsend mett  an: die männer wiederholten stimmlos eine unsinnszeile: es stand unverrückbar fest: sie waren sich einig: die spinner auf der anderen strassenseite störten: man merkte es ihnen nicht an, da sie wie versteinert dasaßen: ein fausthieb und die sache wäre entschieden: schliesslich wendet sich götze zu seinem tischnachbar: der stöhnte und schloss, nicht ohne vorher einen hungrigen blick auf das schwein geworfen zu haben, das ihn der zwickel drückte, worauf der götze ein heilig vernehmen lies: was er wiederholte

götze starrte auf den text, der vor ihm auf dem schirm erschien und dachte: er kanns nicht lassen: wedelt mit der rute: der geile hund: wischt sich mit den vorderpfötchen die tränen aus den augen und blufft: ihr unbelehrbaren: seid meine geister, denn meine haben mich versetzt: sollten eigentlich schon zurücksein.
einen augenblick lang hat mich der heilige geist an den hammelbeinen: dann ein bockiger sprung und frei: vom blödsinn: nie habe ich mich besser unterhalten, als mit mir selbst: die gepriesenen zwiegespräche erwiesen sich stets als schwierige verhandlung um nichts. gibt es etwas schöneres. als einen minutenlangen monolog. götze starrte wieder auf den ärgerlichen text: und dachte: gut, das er nicht redet und den ton runterdreht: er kann so leise werden, das die luft dünn wird. wird er wohl dem analytiker geklaut haben, den trick: sind doch verhörmethoden: sollen unterdruck erzeugen und zum plappern anregen: dann stand er auf und ging in die küche, um den schweinehals zu wenden, der im kleinen topf auf dem herd schmorte.  

es fiel götze nicht schwer, den ratschlägen des malers zu folgen: war doch absichtslosigkeit seine krücke: er hatte es, da er ohne talent war, leicht seine skizzen zu verderben: kaum hatte er den versuch unternommen, das liebe gesicht zum zweiten male zu bezeichnen: da verdarb er es auch schon mit einem groben strich über nase und mund: schliesslich stach er ihm das auge aus, was er dann vollends unter kritzleien verschwinden lies: einmal! sagte er sich dann erneut: nur einmal!: alles andere verdirbt: bin nicht da, um schminke auftragen. an guten tage beliess er die skizze, an besseren tagen: störte es ihn ganz und garnicht zuscheitern: er zeichnete und malte: zeichnete wieder und malte wieder: ihm war, als kröche die malerei in den leib und kam von da über die arme zurück auf das bild