Mittwoch, 19. September 2012

summary: "nirgendwo" 1 - 42


 









1


der abraum formte das gebirge. die schritte schurrten. es summte wie bienen. noch lag eine grosse ebene vor mir. der horizont hüpfte


ich stampfte auf.


kein staub. keine resonanz. ich blickte wieder hoch. vor mir hing ein papagei in der luft. er blickte unbeirrbar geradeaus. er verschwand wieder.


unter dem hängenden himmel kämmte ich mir das haar. ein paar mal. ich seufzte. ich fuhr mit der hand über den hals in die nackenhaare. die haare standen nun ab und ich strich sanft über die haarspitzen.


ich zog den hut tiefer und fühlte meine wangen zwischen den zähnen. Ich blies die backen auf und atmete durch. das gebirge befand sich immer noch am horizont. es blieb weiterhin still um mich herum.


ich sah keine käfer. ich hörte keine vögel. Ich spürte keinen wind. Ich erinnerte mich, wie ich, war es gestern? in ein haus gegangen war, dessen treppen nach unten führten.


zu faul dem geruch nachzugehen, blieb ich hinter der tür stehen. es flatterte etwas an mir vorbei. ich setze drei haken hinter den kopf und rüttelte. danach bekam ich eine dusche zu gesicht. die hähne der dusche waren gerostet und der duschkopf hing an der bruchstelle unütz herab. ich verlangte von mir selbst etwas mehr ruhe, denn ich zögerte voran zu gehen, meiner neugier folgend. es macht keinen sinn nachzudenken. ich sollte es sehen. also ging ich endlich die stufen abwärts und traf eine frau, in eine schürze gebunden, die mit schepperndem eimer vor mir herabstieg. sie bemerkte mich und blickte kurz zu mir. sie ging ohne zu grüßen weiter. ihre haare waren sorgfältig zu einem dutt gebunden.



2


ich sah einen nachen angebunden, groß, mit schön geschwungenen planken. er lag in dem engen kanal vor dem ausgang des hauses. in der wohnung des zurückgekehrten toten freundes wollte ich nicht länger bleiben. er zwang mich zum gebet und wollte noch allerlei mir unbehagliches. so riss er die kabel heraus, um sie neu zu verbinden. auch berichtete er sachen, die ich auf keinenfall hören mochte. ich schrie auf vor unbehagen und beharrte auf meiner sicht. ich lies essen und den wiedergänger zurueck. als ich nun ohne jeden allein vor mich hinstarrte und mich ein gewaltiger schmerz drohte zu vernichten, rief ich immer wieder vergeblich ihren namen. eine heimkehr gab es nicht.



3


der nachen schien zu gähnen. die ruderblätter lagen, wie abgelegte beine, zur ruhe mahnend. wer sie aufnimmt und in halterung legt, ist bereit das ruhende wasser zu wecken. schon einmal war es geschehen, das jemand den nachen hierher bewegt hat. er hatte die ruder beim aussteigen achtlos fallen gelassen, so das sie verharren, bis sie jemand wieder aufnimmt. ich setze mich auf die mauer. meine beine berührten das wasser noch nicht. Ich schaute dem kanal nach und sah im trüben licht ,das er hinter weiteren häusern entlang führt. nirgendwo fiel helleres licht ins wasser. so lag er denn zur nacht gebettet und es geschah weiter nichts.



4


da ich nicht in den nachen steigen wollte, blickte ich mich um. ich suchte einen ausweg. dieses haus, das ich herabgestiegen war, verband sich, über einen vorgebauten gang aus glas, mit den nachbarhäusern. ich konnte, wenn ich es wollte, weiter durch die häuser gehen. ich blickte wieder auf den kanal und den nachen. das wasser regte sich nicht. das holz roch nach teer und salz und bitter. die nase war mir in den mund geraten.



5


der kanal führt auf eine kurve zu, hinter der ein weiteres haus liegt, das ich kenne. ich kenne es, denn es ist in meinem herzen, es kühlt mein herz, es ist umweht von wind und beregnet. blanke drähte führen über die dächer. der kanal schweigt und verbirgt das wasser unter einer grünen decke aus pflanzen. ich lausche in die stille. kleinste geräusche, gleich treffenden pfeilen, ein fallender schlüsselbund. ein schmatzen, ein schnalzen, wie eine ohrfeige, ein klatschen. die tür zum gang gähnt beim öffnen und berührt eine saite, singt kurz, und dann röchelt sie in den angeln. als sie zurückfällt nur ein klappen. den nachen im auge stehe ich hinter dem glas und spüre keinen wind mehr. das gemurmel, als beteten sie, drang heran und verstummte wieder. 



6


um zu ihnen vorzudringen? hatten sie sich verborgen? wieso meinte ich, vordringen zu müssen? ich wollte doch allein sein, bleiben und nur nachsehen, ob die annahmen stimmen. ich hatte mich auf strengste ermahnt nicht einzudringen in das was um mich herum geschah, wenn etwas geschah, denn es war eher so, das nichts geschah. wenn ich mal eine gardine rucken sah, dann war sie beim nachschauen schon wieder an ihrem platz. ich blickte immer noch nach draussen, wartete, das irgendjemand kommt, die seile löst und die ruderblätter aufnimmt. ich hatte es nicht getan. ich empfand furcht, jetzt erst, denn als ich den nachen zuerst sah, war es ohne bedeutung. ich schaute hinab und wäre ich hineingestiegen, wäre es normal gewesen. doch ich tat es nicht. ich wollte nicht handeln und will es noch nicht. obwohl ich mich jetzt schon auf der anderen seite der scheibe befinde, nicht mehr frei, soweit der begriff etwas aussagt, da das draussen auch kaum eine wahl lies: einsteigen, den schmalen rand zu fuss gehen, und alles zurücklassen dort, den nachen, die möglichkeit wieder ins haus einzutreten, wenig. nach oben hatte ich nicht geblickt, und jetzt war es mir nicht möglich, begrenzt möglich, so wie man auf den himmel blickt, wenn der winkel durch die höhe des raumes vorgegeben ist. ich wechselte meine haltung nur wenig, stand wie wartend, schon eine stunde. das gefühl lange zu stehen hatte ich, als ich mich umwandte, um noch einmal hinauszutreten, aber seltsamerweise, war die tür nicht zu öffnen. ich nahm es hin, das erschrecken, nahm es gleichgültig hin. ich hatte mich schon eingerichtet in der unentschiedenheit, und so musste ich nicht hinaus, nicht unbedingt wieder hinaus. ich konnte bleiben. wo war ich hergekommen? eine treppe war ich hinabgestiegen und ich hatte das haus nicht erkennen können, denn als ich auf der anderen seite eintrat, wusste ich nicht, das es hinabging, kannte seine ausmasse nicht, da ich dachte einen flachen bau zu betreten, vielleicht dort einen raum finden, darin vielleicht eine person und vielleicht ein wort, ein gesprochenes wort. der treppe bin ich gefolgt bis tief nach unten. ich weiss, das es oben hell war, das ich von einer sonnigen strasse gekommen bin und dann die tür öffnete, die hinter sich kühle und schatten barg. mit jeder stufe nach unten wurde der klang meiner tritte hohler.



7


ich lehnte an der wand, klopfte einen takt, brach ab, klopfte erneut, und rutsche mit dem rücken an der wand abwärts bis ich auf der erde saß. mit gespreizten fingern lagen die hände auf dem boden. ich krümmte die finger und entspannte sie. ich klatschte mit der flachen hand auf den fussboden. streckte die hand und klatschte erneut. das gewölbe meiner hand stimmte den ton und der laute ton meiner hände verhallte in der ferne, verhallte irgendwann in der tiefe ohne echo. draussen war es dämmerig. vielleicht war es schon nacht. ich sass unter einer lampe, die nicht ausging, und gelegentlich wurde es heller, wenn entfernte lampen für einen moment oder eine zeitlang aufleuchtenden. ich sah ein bein, eine hose, oder den rock über einem bein, eine hand an den körper gelegt, eine hand aus der wand herausgestreckt. ich strich mit der hand über den glatten boden und es wurde wieder ruhig. eine weile blickte ich nach oben, dehnte den hals, machte das kreuz hohl, und sackte zusammen. das ewige licht brannte und ich hielt mich still. wieder klappte einmal fern eine tür. ein räuspern blieb, hielt sich im verborgenen auf bis es davonwatschelte. ich wachte oder schlief, schlummerte, legte mich nieder. ich hielt die augen geschlossen. ich wollte nicht mehr an die decke starren. mein atem war wie eine katze, die schnurrte. wenn sie aufhörte zu schnurren, fürchtete ich mich, aber die furcht verging nach einer weile, kam aber zurück und mir gruselte. dort wo ich das räuspern vernahm schrammte etwas über den boden und kam näher. unvermittelt verstummte es, dann tauchte das gleiche geräusch aber weiter entfernt wieder auf, näherte sich erneut, langsamer, der helle ton von kreide kreischte, es entfernte sich dann auch wieder. eine hand wischte von draussen über die glasscheibe. sie versuchte sich festzuhalten. der schwere leib trieb vorbei, lag auf dem rücken, den kopf voran, das lange haar hing herab. eine grubenlampe folgte ihm. drei birken flutschen immer wieder aus der erde, die vorbeistrich. sie plumpsten zurück. man braucht nur etwas zu warten, dachte ich, dann bewegt sich was. unbemerkt und übertönt schob sich derweil aus der ferne ein auf der lehne rutschender stuhl tükisch voran und näherte sich diesmal tatsächlich. nah über dem boden grinste er und wackelte über die sitzfläche mit kippelnden beinen.



8


möglicherweise bewegte sich etwas auf mich zu. ich hatte die sehstörungen, die mir diese unruhe mit alle den händen und beinen bescherten, hingenommen, als folge der ermüdung und der dunkelheit. ich wollte deshalb den erscheinungen kein gewicht geben, sie unbedacht lassen. sie sollten mich überspülen und solange ich dabei luft bekam, konnten sie hingenommen werden. wenn also dieser stuhl es unbedingt wollte, so war es ihm gestattet, sich blöde zu nähern, was er auch tat, aber weitaus blöder, als ich es mir dachte. wenn er doch endlich stände. ich ertappte mich zu hoffen, verbot es mir auf der stelle, aber trotzdem könnte er doch einfach da sein, ein stuhl, der da steht, wo er gebraucht wird, neben mir, dann könnte ich mich setzen. es half nichts. ich hielt es bereits für eine tatsache, das sich ein stuhl aus der tiefe des ganges auf mich zubewegt, dass er dies auf eine ungewöhnlich art vollbrachte. hatte er sich werfen lassen? das sollte er sich ebenfalls fragen, und weshalb dann nicht einfach krachend eintraf, sondern unterwegs zicken machte, stehen blieb, sich unter einem türsturz versteckte, um es dann auszunutzen, das ich abgelenkt von der heimfahrt des mannes, dem die birken folgten, sich in meine nähe zu bringen, wo er sich nun schlicht auf den beinen befand und die stuhllehne nicht mehr grinste. in den wirren hatte ich mich erhoben und lehnte wieder auf dem boden sitzend an der wand. ein stuhl war nicht nötig, es macht keinen sinn mich zu erhöhen, dachte ich, gar keinen sinn. der stuhl dachte nicht, er bewegte sich. was auch immer in trieb, es konnte kein einmaliger wurf gewesen sein, denn er hielt sich auf, änderte die richtung, und bewegte sich wieder. das konnte kein stuhl. keiner auf vier beinen aus holz mit nach unten gezogener rückenlehne. was war der kern, was verbarg sich in der erscheinung, was vermochte einen stuhl darzustellen, wer vermochte, mich einen stuhl wahrnehmen zu lassen und warum sollte ich ausgerechnet einen stuhl wahrnehmen. da fasst mich etwas unter die arme und zieht mich nach oben. ich falle, da ich prompt losgelassen werde. du sitzt auf einem stuhl, daran besteht kein zweifel, säuselt der hölzerne stuhl, wenn ich kein stuhl wäre, säßest du auf meinen beinen, ich habe kräftige beine, es macht mir nichts aus, das du auf meinen beinen sitzt. kaum losgelassen, befand ich mich zuerst vermeintlich auf der sitzfläche des stuhles, dann unvermittelt auf dem schoß eines kerls, der ohne mir zeit zu geben, mir auszureden begann, das es jemals einen stuhl gegeben hätte, sondern das er jetzt da wäre, ich sei so müde, das er mich auf seinen schoß lasse, bis ich ausgeruht zu einem entschluss gekommen sei. er betonte, das er stark sei und es ihm deshalb nichts ausmache, mich, wenn es sein solle, eine ewigkeit zu tragen. ich tastete verwirrt nach dem was mich hielt und strich über die falten des stoffes. er öffnete die beine und ich rutsche zwischen seine schenkel. plumps, da fällt er. dann setzte er mich wieder zurück und ließ mir zeit mich zu gewöhnen. ab und zu seufzte er, als wolle er mir zeigen, das sind all deine seufzer, wie schwer sie wiegen, ich seufze sie nun, du brauchst es nicht mehr zu tun, ich werde dir bald den schabernack bereiten, wie eine kräftige suppe soll er sein, das du kräften kommst. das ist nicht das schlechteste, dachte ich, ich sitze also auf dem schoß eines in derben kordstoff gekleideten grossen kerls, den ich vor nicht allzulanger zeit für einen stuhl hielt. worauf aber sass er denn. doch auf einem stuhl. er wird ihn mitgeschleppt haben, als er sich zu mir aufmachte und ich habe ihn nicht vermutet, da ich es für möglich hielt, das ein stuhl sich selbst bewegt, habe ich ihn nicht bemerkt, mag sein, das er sich zeigen kann, wenn er will. als er den stuhl bewegte, war er unsichtbar für mich.



9


ich tastete im dunklen, alle lampen waren erloschen, von draussen kam kein licht mehr. trotzdem erschienen mir umrisse, wabernd hell, kalt, silbrig. auf den scheiben zeigte sich der ölfilm in seinen farben. ich sah und tastete dabei, ich griff nicht hin, sondern führte die hand nahe darüber,fühlte strom und sah etwas helleres, als das schwarz. einmal, als ich die augen geschlossen hatte, sah ich dahinter, hinter meinen augäpfeln ein schwarzer raum, von solcher schwärze, das ich dachte, ich hätte kein gehirn mehr im kopf. ich tastete nach dem, auf dem ich sass. es fühlte sich an wie ein schwerer furchiger stoff, der darunter fleisch und knochen verbarg. ich sass also wirklich auf etwas mir gleichem, größerem, da ich es neben mir und um mich herum spürte. waren worte gefallen? oder sprach es durch mich hindurch. formte es die lippen und hatte es luft töne zu erzeugen? hatte es stimmbänder? die anfingen zu schwingen. ich sprach es nicht an. es herrschte auch stille. ich spürte hinter meinem rücken, der abstand hielt, nichts. ich befürchtet, das ich nach hinten gelehnt, in einen abgrund fallen würde. neben meinen schultern griff ich auf haut und haare und ertastete etwas spröderes das feucht nach innen führte, lippen. der scheinbare mund trug kein gebiss und ich konnte ihn sowohl rechts wie links neben mir ertasten. ich griff hinein und meine hand spürte frische luft. von der andern seite gesehen, winkte sie, dabei versuchte sie festzustellen, wie gross der raum hinter dem mund war. es gab keinen anstoss, sie griff ins leere. ich folgte, nachdem ich die hand zurückgezogen hatte, der landschaft zur nase hin. wenn es sie gab, sollte sie oberhalb des mundes einen huppel gebildet haben, mit nüstern zum einatmen. ich hatte sie. dann suchte ich vorsichtig nach den augen. ich tastete eines, das sich unter dem lid nicht bewegte. da flatterten von der seite seine arme heran, aufgeschreckte hühner, die mit den flügeln schlugen, eine feder lassend, und umfassten mich. ich spürte nur das flattern des stoffes der weiten ärmel, hinter denen ich verschwand. ich wurde nach hinten gezogen in das nichts an stelle seines brustkorbes. ich lag bald auf den rücken schwebend im grenzenlosen. der mund zur rechten und der zu linken bliesen zugleich einen lauten ton. seine beine fielen zu boden und waren nur noch holz und knochen, dazwischen geworfen die beiden schädel, ein orakel. aufgehoben im verborgenen atmete ich.



10


ich war ganz in tücher gehüllt, die sich öffneten, im wind, der nicht blies. sie fallen herab ohne gewicht. ich spüre sie nicht. sie umsorgen mich. unzählige arme nebeneinander verwoben zum tuch. meine nacktheit, die einzige kühle. ich folge mit den armen ohne widerstand zu spüren. es ist weder schwerelosigkeit noch schwere. immer werde ich gehalten, erzeuge keinen raum, auch wenn ich mich bewege. die hüllen, die mich umgeben, bauschen sich auf, aber fallen nicht gleichförmig zurück. da ist beim fallen ein zittern. da ist etwas das mich anspricht. da erkenne ich, durch die gesten beim fallen, das verharren, das ewige. es ist dazwischen, die unterbrechung ist das ewige. es deutet nicht an, das es fällt. ich erwarte es nicht. ich erkenne im zittern die absichtslose geste der ewigkeit. sie treibt scherze, und kichert. sie liebkost mich mit glänzenden augenblicken. die hüllen steigen auf und stehen hoch über mir, der in ihrer schlucht liegt. aus vollkommener schwärze bilden sie das licht. so bin ich ausserhalb jeder welt im licht. ich beginne teil des leuchtenden zu werden. meine durchscheinende haut birgt mich noch. es strömt hindurch. jetzt fallen die hüllen. zuerst die hoch aufgestiegenen. sie nehmen sorgfältig die tieferen schichten mit, falten sich bald darauf in berechenbare formen, bilden flächen und räume, kühlen sich ab. der wind strömt hindurch und ich bin wieder in der welt, verzaubert, im raum. soll es doch mein raum sein. meinetwegen auch tapeten, hatte sie nie an den wänden, rosentapeten, oder kleine walderdbeeren, gemalte efeuranken. über der stuhllehne hängen meine kleider. ich habe hunger.




11


wovon ich spreche, war noch nicht geschehen. als ich aufwachte, gingen passanten vorbei. ich schaute hinaus. die bleierne schwere von gestern war weg. es war hell. die sonne stand hoch genug. der nachen lag in die andere richtung. er war bewegt worden. diesmal war alles am platz. an der anlegestelle lagen zweige und abgebaute girlanden. ein mann kam und hob sie auf, um sie wegzuräumen. der weg belebte sich und auch die stimmen drangen nun hierher. geschäftig war das treiben. ziele und uhrzeit spielten ein rolle. nur einige flanierten in ihrer freizeit. ein kind schrie ärgerlich. es lag im offenen kinderwagen und wollte bestimmen. das alter, dachte ich, ist egal, er ist ein unwirscher diktator, zumindest ein chef, das wird er wohl werden, ein kommandeur, schon zu erkennen. der mutter war es recht, denn sie schob das schreiende kind ungerührt vor sich her. hinter mir wurde nun auch gelaufen, das helle klicken der frauen, das auftreten eiliger Männer, und andere tonarten des gehens, schallten durch den gang. türen waren geöffnet, angelehnt, gerade wieder ins schloss geworfen, leise mit der hand an der klinke, umsichtige schliesser, und vorsichtige, die klinke verharrte heruntergedrückt, erst dann öffneten sie langsam. ich ging ein paar schritte. ich schaute hinter eine offene tür und war ihn einem aufenthaltsraum, indem auf dem tisch eine kaffeetasse stand. ausgetrunken und nicht weggeräumt. die kanne des kaffeeautomaten war noch gefüllt und der kaffee noch heiss. ich goss mir ein und trank. eine frau kam herein und legte brötchen auf den tisch. sie holte butter und marmelade. ein paar teller und ein paar tassen. sie grüßte kurz und verschwand wieder. ich nahm mir etwas davon und ging wieder hinaus. alle ganz normal, sagte ich mir. eigentlich wie anderswo auch, ganz normal. nachdem ich eine weile den gang hinabgelaufen war, entschied ich mich durch die grosse schwingtür zu gehen und bald fand ich auch einen unbesetzten schreibtisch, an dem ich platz nahm. ich fand eine beschäftigung, blickte in den eingangskorb und fand ihn leer. die post war noch nicht durch. ich dachte nun darüber nach, das ich ja lange fort war und es auffallen muss, wenn ich wieder hier gesehen werde. es kümmerte sich aber keiner um mich. die post kam. ich lies sie liegen und ging in die buchhaltung. ich wollte bescheid sagen, das ich den lohn auf eine andere weise bekommen will als bisher. die kassenanweisung verzeichnete einen grossen betrag. den lohn für jahre der nicht bemerkten abwesenheit. sie hatten keine anweisung bisher und er war liegengeblieben. ich steckte die kassenanweisung in die tasche und grüßte.
in der nacht vom stuhl verfolgt und hier keinen vor die tür gesetzt. ein rätsel. paradox.



12


der buchhalter hatte mich gebeten sparsam zu sein. er hätte mir alles gegeben. und nun ginge er heim. sein hündchen bellte und sprang an seinem bein hoch. es stand schwanzwedelnd auf den hinterbeinen und hielt den kopf schief. ein ohr war umgeknickt. die zunge hing heraus. was hatte er mir gegeben. was ist alles und wo lag das geld, gab es noch eine bank. er sagte mir freundlich, darüber wisse er nicht mehr bescheid, das ginge ihn nichts mehr an, denn er ginge nun heim, sicher käme er bald zurück, aber er wisse nicht, wann das sein soll. bis dahin blieben die türen unverschlossen, das war angeordnet worden, und ich solle mich umschauen. "sicher wissen sie, was zu tuen ist, nicht wahr, sie wissen schon, was zu tuen ist, das haben sie doch bewiesen, sie sind einer unserer besten, auch wenn wir sie lange vermisst haben, sie sind es." er ging. ich rief ihm nach: "und die buchhaltung?" "können sie haben, können sie haben! ich habe nicht abgeschlossen. die tür steht offen." ich winkte. er verschwand. ich hatte einen raum dazugewonnen. ich werde gleich herumlaufen und aus den anderen büros die pflanzen holen. dann habe ich einen grund zur sorge. ich öffnete den wasserhahn. es floss. die gummibäume und zimmerlinden, die hohen pflanzen, sollen auf den thresen, die kakteen, die genügsamen, auf den durchgehenden fenstersims gegenüber. die tische ergaben zusammen- geschoben einen schlafplatz. über die stühle dachte ich noch nach. vielleicht sollte ich sie mit den rechenmaschinen wegsperren. mal sehen. da bin ich ganz entspannt, schränkte die finger, wendete die handflächen nach aussen und bog sie durch. aber sie knackten nicht. ich schlug ein journal auf und betrachte die schönschrift aus zahlen und summenstrichen, sperrzeichen, die über offene spalten gezogen waren. gutes papier, kein zeitungspapier. dieses papier wird überdauern. das kann man in hundert jahren noch lesen, wenn alles andere vergilbt, wird das journal noch strahlen. an der wand hingen ein paar rahmen und tafeln. die tafeln zeigten karten, die ich nicht kannte. da war eine sternenkarte, ein stadtplan, und eine karte mit höhenlinien. im den rahmen erblickte ich einen schnauzbart, neben einer ebenfalls streng blickenden frau. sie waren verblasst und verfolgten mich mit den augen. das eine auge schien mich zu verfolgen, das andere den partner im äußerten sehfeld wahrzunehmen. sie blickten zur jeweils anderen rahmenweite, so dass sie sich unter kontrolle hatten. wenn ich sie umtauschen würde, würden sie sich den hinterkopf zuwenden. 



13


obwohl ich gehört hatte, der raum soll unverschlossen bleiben, wollte ich nicht offen lassen, sondern probierte die vorhandenen schlüssel durch. ich fand einen und steckte ihn ein. ich stieg auf den tisch und hockte mich hin. ich hörte die sirene, vielleicht ein schiff? denn da schrien auch möwen. so eingerichtet, kam ich auf die idee etwas in die maschine zu tippen. papier war vorhanden. anscheinend befand sich hier die materialausgabe, denn ich fand reichlich farbbänder und anderes büromaterial. es war garnicht so einfach, erst einmal an die gedanken zu kommen, dann zur vorstellung und schliesslich zu worten und sätzen. ich schaffte eine halbe seite. ich dachte nach. wie schmerzhaft das war, als sie ging. aber daraus wird keine geschichte. das ist das ende einer geschichte. vom fenster sah ich, dass ich jetzt in eine andere richtung blickte. ich beschloss das haus zu verlassen und mich in die stadt zu begeben. ich folgte einem anderen gang, der zu dem treppenhaus im inneren führte. ich konnte nicht hinaussehen. der lichtschacht hatte glasbausteine und kleine weit oben liegende lüftungsklappen. ich ging zwei stockwerke nach unten, wieder den gleichen gang hier, bis zu einer geschwungenen weiten treppe aus marmor, die nochmals ein stockwerk hinabführte und in der schalterhalle der post endete. von da trat ich auf die strasse. ich stand auf der belebten strasse und sah auf der anderen seite eine wasserfläche. es war nicht das meer. es war ein binnenwasser, auf dem personenschiffe von steg zu steg fuhren. die geschichte gefiel mir nicht und ich zerknüllte das eben beschriebene blatt. ich traf den papierkorb, nicht, doch. ich sah ein, das mich meine erinnerungen nicht weiterbrachten. es wurde nur banal, ohne geheimnis, ohne überraschung. war es nicht besser abzuwarten, wie ich es mir vorgenommen hatte. die beschreibung eines ortes, um in wiederzufinden, oder das herstellen von beziehungen, war nicht meine aufgabe. ich hatte abzuwarten. das draussen wasser war stand fest. wahrscheinlich war es das meer, weiter draussen, und unzählige kanäle führen dahin, dazwischen werden sie wohl auch in teiche und seen münden, mit ihnen ein labyrinth bilden, das auch den hafen erreicht und die grossen schiffe, die hintereinander an der mole liegen. ich gähnte, nahm die alte decke, die auf dem schrank lag, und legte mich drauf. ich streifte die schuhe ab und bewegte die zehen hin und her. als kind hatte ich mir die geschichten nachts ausgedacht. erst hatte ich mit der taschenlampe unter der decke gelesen, dann hatte ich mir vorgestellt, ich besäße eine eisenbahn, eine richtige, kein spielzeug, und ich stellte mir waggon um waggon vor, was da drin sei, ich richteten mich in den waggon ein, wohnte dort und fuhr durch die welt. alles was ich brauchte, erfand ich mir. darunter litt die wand, den ich kratze und bohrte durch die tapete in dem sandigen putz. dann schlief ein und fuhr im traum fort. am tresen saßen alte leute, paare saßen zusammen, sie blickten nach unten in einen schrank. er öffnete die tür. seine hand zitterte, sie war ungeduldig. hinter der tür sah man eine in den kasten gebaute szene. der alte mann beugte sich vor, sie hielt ihn am ellebogen, und er sagte "so schön ist das". sie waren beide entzückt. ich war unbeteiligt. ich war notwendigerweise hier. ich habe aber vergessen warum. so saß ich da und betrachtet die alten leute. ich trat dann in einen raum. da war eine frau, die mit mir befreundet war. sie weinte und küsste mich. ihr kuss war kalt und ich wandt mich ab. da fand ich fleisch. ich schnitt etwas davon ab und gab es in die pfanne. sie hat den rest in breite streifen geschnitten und es sah aus wie ein hemd, aus dem die mitte herausgeschnitten war, das auf dem bügel hing. eine gesellschaft war hereingekommen und redete durcheinander. einer führte ein spiel vor, bei dem man ohne durch das gerät zu blicken, etwas übereinander bringen musste, zwei punkte in einen kreis, dann drückt man und hatte jemanden erschossen. sie hatte damit gespielt und ich erinnerte sie daran. sie war schuldig. nun sollte ich es tuen. ich brachte die punkte in die kreise, aber ich drückte nicht ab.



14

als ich einen handstand machte und keinen schwindel empfand, hoch über der stadt, hatte ich lust zu laufen. die beine trugen mich voran und ich beschleunigte im wind, der mich einhüllte und kraft verlieh, so das ich schon das gefühl hatte zu fliegen. ich liess los. unter mir lag die stadt, die sich schmückte, indem sie ihre lichter brennen lies. ich dachte, wenn das so einfach ist, warum belasse ich es nicht dabei. von hier oben schaut alles prächtig aus und ich habe nichts weiter zu tuen, als in den wind zu dringen, vielleicht zu singen, wenn er singt. ich hör ihn nicht, nein. er ist leise, als ich ihn hörte, da war das, als ich unten über eine wiese ging. die bäume fauchten oder er, es ist mir nicht ganz klar geworden, wer da jaulte. ich bin ganz still und fauche nicht, er ist es auch. so ist es friedlich, wenn ich über dächer fliege und mir den weg nach unten noch nicht wähle, genügsam brauche ich keine kurzweil. ich gönne mir lieber eine lange weile nichts als fliegen. ach ist das schön. die lichter die aus kammern, zimmern, sälen leuchten, sind schüchtern, bleiben wo sie leuchten, wabern zwar ein wenig aus den scheiben, doch bleiben sie und leuchten ihren gästen. dort kämmt ein mädchen lang ihr haar. da löffelt einer heisse suppe. ein alter mann mit weissen haaren sinnt. er fasst die strähnen, streicht hindurch und fragt dabei, was ihm noch bleibt. ich möchte ihm die furcht vertreiben, aber trotzdem auch hier oben bleiben. ich sehe, es hat ihn schon sein hund getröstet. er hat ihm seine pfote sanft aufs knie gelegt. in grossen sälen wird getanzt. es dringen kaum die klänge bis zu mir. ich tanze mit, bewege meine beine liegend, und schon fängt es bei mir an zu klingen. ich wähle eine schöne, die in der ferne, ohne mich zu ahnen, mit lust sich wiegt. die wähle ich zum sehnen aus. denn wenn mich nichts zum sehnen bringt, werde ich mich noch verfliegen. ich streife, tiefer fliegend, das blätterdach von bäumen. der wind der mich begleitet schüttelt sie. nun höre ich, wie es auf den boden prasselt. er schüttelt hier kastanien und dort nüsse. nun bin ich wieder erdenbürger. ich sammele auf und fülle mir die taschen. wer will mit mir die nüsse knacken, wem darf ich die maronen bieten? ich fülle eine tüte. rund um meinen ofen stehen leute. nein, so weit will ich doch nicht gehen. ich sehe schon, da ist ein anderer zur stelle. ich kann ganz ruhig von dannen gehen. ich nasche aus der tüte.


15

ich legte den text, den ich auf der phönix getippt hatte, beiseite. wieder nichts. viel zu abgehoben. wieso musste ich auch mit einem handstand beginnen. das konnte ich noch nie. keinen handstand, keinen kopfstand, einen schulterstand kann ich. was mich aber noch mehr stört, sind die sprünge. erst schwärmerisch und dann ruck zuck wieder unten. passt garnicht. ich wollte mir zeit lassen. hatte ich nicht bewiesen, das ich es kann. stundenlang rumsitzen. ich hatte mich in der buchhaltung eingerichtet, aber war mit dem höhenflug gescheitert. zu kurz, nicht präzise genug. bilder wie oblaten und eine fragwürdige kumpanei mit dem wind. um da draussen zu fliegen, da reicht es nicht, wie ein huhn mit den flügeln zu flattern. ich bin mir anderseits sicher, das ich schon geflogen bin. aber das hier war eindeutig zu kurz, ein kurzstreckenflug. warum bin ich nicht eingekehrt. ich hätte mich über das dach oder einen balkon dazugesellen können, hätte mich in gesellschaft begeben. den einsamen und verträumten, hätte ich mehr aufmerksamkeit schenken können. ich kann nicht sagen, ich will lieber hier oben bleiben, das führt zu nichts. wenn ich nicht fähig bin, aus der höhe hinabzusteigen, kann ich auch nicht fliegen. es gehört zum fliegen das tempo zu drosseln, hinabzukurven, mit der geste der zuwendung die lage zu verändern, die seiten die sich der erde zu wenden zu wechseln. mit den füssen voran könnte ich abbremsen, der weite mantel als fallschirm nutzen. dann richtete ich meine kleidung, das wirre haar, oder es ist mir egal und stürze so unter die leute, die mich kurz bemerken, den kopf schütteln oder freundlich grüßen, vielleicht auch garnichts tuen. der gedanke unter leute zu gehen beschäftigt mich, und ich frage mich, ob es daran liegt, das ich von der vergangenheit des raumes, von der buchhaltung, dazu angeregt werde. legt man die bilder übereinander und bewegt sie mit dem daumen, läuft der film ab. ich sollte die finger von der schreibmaschine lassen und lieber damit fortfahren mich geduldig und gründlich, habe ich das nicht vorgehabt?, durch den raum zu bewegen, um ihn zu entlarven, zu beweisen, das alles nur theaterkulissen sind. warum war der buchhalter nach hause gegangen, wieso nannte er mich einen ihrer besten, wo war ich gewesen, was hatte ich getan. das denken des gedankens stoppt plötzlich und die ahnung, die ich hatte, verschwindet. um sie zurückzugewinnen schliesse ich den raum und lösche das licht. in der dunkelheit kommt sie vielleicht wieder. oder morgen im hellen.



16

ich kroch aus den decken und griff mit den fingern nach der kante der fensternische. ich lugte über den rand und wollte hinaussehen. ich legte die arme bequem auf den sims und schaute zum mond hinauf, der rund war und hell. der schattenmann war dabei schattenvögel zu verscheuchen. sie flatterten und stürzten von der scheibe. er hörte nicht auf herumzufuchteln. dann hörte er auf und war nicht mehr zu sehen. dann sah ich ihn wieder. ich rief hinauf, "ich bin ein schlanker junge, meine brust ist unbehaart. du, ein alter schwarzer mann. bleib du da oben". ich hielt meine wange in den mondschein und summte ein lied. ich lies mir den hintern küssen. ich sang vom kraulen und vom kramen, in heimeligen ecken, vom verstecken, sang ich, und vom kosen. der schattenmann rührte sich nicht mehr. in der ferne klangen echos, wie ein ein lustgestöhne. igel schnaubten. die katze machte buckel und hieb mit der kralle. im wandschrank knarrte es. ich sank zurück aufs bettenlager. nun schabte es an der tür. ich schlüpfte in die hose und ging nachzusehen. es war wieder still und ich setzte mich lieber. ich betrachtete die fotografie im rahmen unter der tischlampe. sie zeigte den buchhalter und seinen hund. darunter war eine widmung geschrieben. fliegen ist wille, stand da. ich hatte den buchhalter, dem ich ja nur flüchtig begegnet war, er war eilig davon und hatte mir alles so selbstverständlich übergeben, ich hatte ihn nicht näher in augenschein genommen. er hatte das sicher so gewollt. das foto berührte mich seltsam und ich erinnerte mich wieder. ich hatte nicht nur phantasiert. ich war wirklich geflogen. ich brauchte dazu nur die beine zu bewegen, wie beim laufen und hob ab, schneller tretend, wie beim fahren, und schon flog ich.  oft hatte ich es vorgeführt. immer wieder, nachdem ich es behauptet hatte. niemals war einer der zuschauer auf die idee gekommen, es gleich zu tuen. ich habe auch nie dazu aufgefordert. es genügte mir es zu können. und ich nutze jede gelegenheit abzuheben. die räume weiteten sich, wenn ich flog. den wegen am boden, den stromleitungen folgte ich nicht. ich nahm sie als linien wahr, in die ich hineinschrieb. ich stellte den rahmen zurück. draussen war irgendetwas im gange. es war direkt hinter der tür. als ich sie öffnete, stand der arm noch in der luft, ein stück kreide in der hand. vor mir stand ein wesen, in einen sack gehüllt. leib und kopf waren im sack, der darüber zugebunden war. die arme und beine kamen aus den löchern heraus. im sack steckte einer im gestreiften schlafanzug.  er war klitschnass. er tropfte als er davonlief. an meine tür hatte er in grossbuchstaben, hund spricht, geschrieben. ich folgte ihm und sah, das er auch an andere türen geschrieben hatte. seine füße klatschen auf den boden und ich hörte ihn. nach einer weile sah ich ihn unter einem türsturz stehen. er wandte mir den rücken zu und wartete. als ich schon fast bei ihm war ging er weiter. ich sah nun in den raum. da war ein wasserbecken, so gross wie ein schwimmbecken. das wasser war von lampen am boden beleuchtet. die lampen waren nicht hell. der raum blieb duster. es reichte aber aus um zu sehen, das das becken mich fischen besetzt war. nahe der lampen, sah ich karpfen , golden, rot und weiss. das wasser spritzte auf. der im sack lag im becken. er sank und stand unter wasser. er stand nahe am beckenrand und ich konnte hinuntergreifen. ich konnte ihn nicht herausziehen. erst musste der sack aufgebunden werden. ich löste das seil und öffnete ihn. über dem kopf erschienen luftperlen. er lebte und ich gab ihm einen klapps auf den schädel. er blickte endlich nach oben und sah mich an. er starrte und schnappte wie die fische. er stieß sich vom boden ab und brachte seinen kopf über wasser. 



17

der sack war ihm über die arme gerutscht. er sah mich an und grinste mit hochgezogener lippe, die unterlippe über die zähne gespannt. die nase juckte ihn. da er die hände nicht gebrauchen konnte, zog er luft hinein. er zog die luft hechelnd in die nasenlöcher. die lippen verschoben sich gegeneinander.der unterkiefer wanderte hin und her. er nieste. er versuchte seine arme zu befreien. solange ihm das nicht gelang zappelte er und wand sich. endlich rutsche der sack hinunter, lag ihm auf den füssen und fesselte die beine. beim gehen kam er ins straucheln. das erste mal hörte ich ihn etwas sagen. er brummte und brabbelte. schliesslich gelang es ihm den sack abzuschütteln. im schlafanzug schlurfte er durch das wasser zu den stufen. er stieg hinaus und stand wieder tropfnass auf den fliesen. er schien unentschlossen. er schnaubte. von einem moment an war er wie toll. er hüpfte den hampelmann, schlug sich auf das gesäß, das es krachte, schlug sich auf den bauch, johlte, zauste die haare und rubbelte den kopf. mal stand er still. dann blubberte er durch die lippen. darauf sprang er wieder hin und her. er stütze die arme auf die oberschenkel, breitbeinig in der hocke. er stampfte hockend, bein um bein versetzt, heran. er schwoll an und platzte aus dem anzug. er rupfte sich die fetzen vom leib. er drückte mich an sich und herzte mich. er umkreiste mich und stieg mir von hinten über den rücken. ich war zu boden gedrückt und er hockte über mir. seine hoden hingen mir an den ohren und sein schwanz hing wie ein elefantenrüssel von meiner stirn. er stieg über mich hinweg, lies dabei einen hasen auf meinem kopf zurück. der kaute meine haare  und koetelte mir in den nacken. ich griff ihn mir, warf ihn auf den boden und jagte ihn davon. der nackte schrie, er schrie in den raum und spritze. seine milch verteilte sich im becken. er kam zurück, zeigte sich, griff sich an den hoden und nahm ein ei heraus. er hielt es auf der hand und zeigte es mir, dann pflanzte er es wieder ein und lachte. er schlug sich klatschend auf den bauch. er sah mich an, zog die stirn in falten, und lachte wieder schallend. er griff mit beiden händen an die brust und riss sie auseinander. dahinter öffnete sich ein tabernakel und blieb weit offen. er fasste mich unter die arme und hob mich auf. er fasste mich so, das er mich in der waagerechten hielt. mit dem kopf voran tauchte ich durch den tabernakel in den schwarzen raum und verschwand. ein vorhang öffnete sich, und ich landete in einem vogelkäfig unter papageien, die aufgeregt redeten, "fliegemann, fliegemann". einer fragte im stimmbruch, "wo wohnst du, wer bist du". vor dem käfig standen leute und verteilten futter. mich beachteten sie nicht. dann hörte ich eine stimme ganz nah an meinem ohr. "du", "du, du" sagte er, prustete wasser in mein gesicht. er nahm mich hoch, zog mich auf seinen schoss und summte ein lied.


18

in der lade der brust gelandet. kein ort zum verweilen, habe nichts zu teilen. wie kann ich mit dir sprechen. ich zittere am leib. er hält mich fest. ich bin nicht frei. kann nicht gehen. muss verweilen. schaffe es nicht mich zu regen. muss schlafen mich legen. die mutter wiegt ihr kind. sollte fressen verschimmeltes brot aus dem spind. unter den dielen die kohlen. die fenster vereist. der vater übers meer geflogen. er heult irgendwo. an meinen ohren hat meine hand sich verkrochen. die andere hat nach pippi gerochen. die maikäfer fliegen. sie werden nicht siegen. es brennt das land. ich habe nicht gesehen. hier brennt der ofen. was wird bald geschehen. der ofen ist heiss. das wasser, der schluck verdampft. ein kleine perle vertanzt. wie sie über herdplatte hüpft und zischt. dabei habe ich mir das schwänzchen verbrannt. bin gleich fortgerannt. wer will mich beschützen. es wird garnichts nützen. das heimlichen weinen, hinter der ecke. die ersten verstecke. liege fein in den büschen. erde wird der liebe geruch. erde und holz. ich schabe die rinde. die nackten stöcke liegen bleich. umgrenzen mein reich. er drückt mich wie meine mutter. er hat keine milch nur schweiss. ich kauere in verbotenen knochen. werde wieder verschwinden unter der haut. kein laut wird es klagen. wenn ich mich ergebe. und in die schwarze kammer geschickt. stehe im dunkeln und bete. die perlen rutschen durch die finger. ich zähle die jünger und rufe die mutter. kann sie nicht finden. es jammern die sünden. nachdem ich mich sehne, dem lieben gott. er streichelt mir die haare. er legt mir die hand vor die augen und spricht. "ich hatte im flusse geangelt. da schwamm unter den fischen ein kleid. ich zog die hand. sie war kalt. das war eine schöne." dann schwieg er. trauernd aus dem wald das moos geholt. hat nicht geholfen. der schrei verhallt. das echo wird zur beute fremder ohren. es fahren wieder kähne. ich bin verloren. doch sorge hält mich. der schoss wird stätte freier wahl. ich muss nur wollen. herz begehren. die schwere brust will ich verwehren. nicht mehr in dunkle gruben fallen. die art der zweige kennen, die darüber liegen. wie wär's wenn herzen flammen und erscheinen. die heimstatt wär entzückend. das herz bleibt in der welt. solch eine hütte möchte ich erbitten. das rote dach schmückt sie im grünen. die hand wird warm. die brust ertönt. der tag bricht an. komm lass uns gehen. er lässt mich aus den armen los. in kleidern gleichen wir uns schon. die halle ist nun tageshell. das wasser fliesst mit einer welle fort, die fische in das meer zu bringen. es zeigt sich fester boden. gesang erreicht die hohen kuppeln. und füllt den raum mit frischen klängen.  


19

das becken war leer. die fische weggebracht. das irresein zeigte sich nicht mehr. mundfaul war er aber geblieben.  fragen blieben unbeantwortet. als ich fragte, was es bedeutet "hund spricht", sagte er gedehnt "huuund". wer ihn in den sack gesteckt hat sagte er nicht. er hatte die kleidung zurück und wollte nicht mehr gefragt werden. er ging. auf dem weg zurück zur buchhaltung schepperte der kantinenwagen vorbei. sie kochen also noch kaffee. aus den büros drangen aber keine geräusche. der geschlitzte rocksaum war beinahe um die ecke, als der wagen anhielt. die frau wandte sich zu mir um. "sie können auch bestellen" sagte sie. "ich bring es dann vorbei". "danke, aber ich weiss nicht, wie lange ich bleibe". "das macht nichts. ich sehe es ja, wenn das frühstück stehen bleibt". "das ist fein, dann in die buchhaltung, bitte". "steht schon da". "woher wussten sie denn…" "hund spricht, stand an der tür". sie lacht. "der hausmeister schreibt immer blödsinn, aber ich weiss bescheid. wenn sie wegziehen, wird er es abwischen". "hund spricht", wiederholte sie, lachte und bog um die ecke. ich fand das frühstück und eine nachricht auf dem tisch. der buchhalter hatte etwas abgeholt und mir mitgeteilt, das er zur gleichen zeit täglich im stadtpark unterwegs sei. es waren noch ein paar stunden. die zeit bis dahin vertrödelte ich. ich saß auf dem tresen und krokelte beiläufig in der blumenerde. demnächst mal giessen. zur zeit kein wasser. bin auf dem trockenen. in der sandigen wüste. bei den palmen. vom himmel regnet es. auf die tragflächen. pass auf, du schmierst ab. er riss die nase hoch. das soll der park sein. ist aber klein. ich halte den nassen finger hoch. da lang. wirf eine münze. gibt es nicht. dann nimm die karte. sieh hin. hoppledipoppel. noch an den gärten vorbei. nein. dann halt wieder zurück. da ist die kirche. gibt mehrere. verdammt. fluch nicht. frag doch. "wo, bitte, ist der stadtpark" ich stand schon in der tür. ich stürzte hinaus und fiel. ein ruck und ich baumelte. den rest verschlief ich. als ich aufwachte war es zeit. ich hüpfte leichtfüßig. fühlte mich jung. nur raus hier. an die luft mein freund, an die luft. als ich die tür aufriss, blieb ich stehen. das war, das war, als wenn ich das erste mal atmete. ich roch so vieles auf einmal. das also ist der schweiss. alles was lebt schwitzt. das hier arbeitet. es roch nach arbeit. dann roch es auch nach blättern und der wind rührte darin. auf dem weg wehte parfüm zwischen den tabak. eine ledertasche. ich schlenderte zu den wegmarken. bald war ich am park. er war eingezäunt wie ein gehege. das eisentor halb geöffnet. der weg krümmte sich gleich und blieb es, hinauf. nach einer weile hatte ich den hügel mehrmals umrundet. auf der höhe war es nicht mehr hell. die bäume standen zu eng. der platz zu klein. der blick auf eine schmutzige strasse. auf den bänken saß niemand. umgekehrt gehend, bald wieder im hellen, sah ich den buchhalter sitzen. er fragt mich "wie geht's junge" "gut" ich frage besser vorsichtig, so das er nicht merkt, das ich keine ahnung habe, woher er mich kennt. ich stelle sein lob in frage. "wieso meinen sie, sie sagten, ich sei einer der besten, früher, in der firma" er antwortete zackig "immer pünktlich, brötchen geholt, sauber die striche gezogen, akkurat, mein lieber, das waren sie,mein junge, das waren sie" ich fragte nicht mehr. uns verband kein geheimnis. "werden wohl bald räumen, solange bleiben sie ruhig, geht alles mal zu ende. passen sie auf sich, mein junge". er erhob sich, und grüßte.


20

als mir ihr herz vor die füße fiel, war ich entsetzt. ich bückte mich, um es aufzuheben und ihr wieder in die brust zu stecken. als ich einmal den kopf verloren hatte, habe ich ihn  auch schnell wieder aufgesetzt. ich griff nach dem herzen und hielt es schon in der hand, doch sie hatte mir den rücken zugewandt. ich hatte sie erst vor ein paar augenblicken kennengelernt, als ich aus dem park kam, und sie auf der strasse vor mir stand. "ich bin herzlos" hatte sie gesagt und mir das herz vor die füße geworfen. ich tippe sie mit der freien hand auf die schulter, "sie können garnicht herzlos sein." "doch" sagt sie und sieht mir ins gesicht "ich bin herzlos." "es ist taktlos von ihnen, mich so zu erschrecken, fürchterlich, und ich sage es ihnen nocheinmal, sie können auf keinen fall herzlos bleiben. hier, nehmen sie es zurück."  sie ziert sich. "ich verstehe ohnehin nicht, wie sie noch mit mir reden können, so herzlos, wie sie sind." sie zog einen schmollmund und erwiderte schnippisch "na schön, wenn sie es nicht wollen, dann geben sie es wieder her", griff ihr herz aus meiner hand und steckte es blitzschnell unter die bluse. "falsche seite" sagte ich. "wieso" sie blickte in ihre bluse "ach so, dann da hinüber" hob den finger, um es zu schelten "du dummes, dummes herz." "jetzt tragen sie ihr herz auf dem rechten fleck" bemerkte ich. "nett sie kennengelernt zu haben" sagte sie und machte anstalten zu gehen. "warten sie" ich sah sie an und sie sah wirklich gut aus, so ganz in weiss und ohne einen einzigen flecken. "wir könnten…." ja was könnten wir denn? "sie könnten mich begleiten, auch wenn sie mein herz verschmähen." bevor ich wieder damit anfing, zu erklären, das herzlosigkeit eigentlich unmöglich ist, sagte ich einfach "ja, dann begleite ich sie." wir gingen nebeneinander. ihr rock nahm einigen platz ein und so blieb sie auf abstand. 


21

"da sind wir", sagt sie. "die nacht ist morgen. das ist der nachmittag. hier sind gern leute. essen jetzt torte, ja sahne, ja, in dem cafe, sind schon drinn, biste drinn?" "bin drinn" "von der süßen drei tellerchen und grosse tassen!" "wir wollens treiben", legt ihren busen auf den tisch, häkelt mit den kleinen fingern, küsst in die luft. man, da kommt man ins schwitzen. die liegen schon übereinander. altrosa vorhänge über'n arsch. schmeckt salzstangig. "noch'n bitteren, ja noch einen, mit etwas süßer sahne!" "waren das die schönen von gestern?" hockt unterm tisch und schwabbelt, saugt lippen und bläst die backen, bläst die tüte auf, wo die brötchen drin waren. die fenster scheppern. sehe eine tuba. geige kommt rein. fiedelt. sind zu dritt. nein zu viert. da spricht der fremde schnalzend. die tuba hinter den scheiben schwitzt. "nagelt die tür zu und heizt den ofen." weberknechte sind so schlank. ich will die kirschen, die gibt sie mir und hüpft. die geige hüpft mit einer schulter rum. auf und ab. die nackten reiben sich den leib. das grinsen steckt in weggeworfenen socken, die das hündchen durch das Zimmer trägt, wauu wuff, steht auf den beinchen und tröpfelt unterm bauch. bin zum sitzen gekommen. draußen funkelt der garten, weil kristalle aus der erde wachsen. der tanz der nackten treibt ein endlos loch durch heisse stubenluft. schwänzelnd, schwabbelnd, immer kreisend, niemals endend. die schlanken weberknechte zittern schneller. 


22

nachts aus dem cafe in den wald gelaufen. ich habe mich ins laub gelegt. da plötzlich eine galoppade. hirsche. vom hügel sieht man das brennende haus. das gelächter hat die gardinen angezündet. sprengstoff zerfetzt die fassade. oberst und unterst klauten das geld. mann und weib krochen in die kleider zurück. die hirsche machten kehrt. der boden bebt nicht mehr. wo war nur die schöne liebe geblieben. verabredungen, meine güte, waren das momente. die kältesten hände gewärmt. zitternd im nebel gestanden. liebesglut. in die augen geschaut. grosse augäpfel gesehen. so glänzend und strahlend. und jetzt trübe aussichten. bleibe die nacht im wald und sehe mir die sache morgen bei licht an. ich krieche unter den mantel und rieche pflanzen und erde. die erde fühlt sich fett an. ich zerreibe sie zwischen den fingern. das mondlicht fällt auf den blauschwarzen käfer. er trägt seine hörner übers moos und kribbelt. er nimmt mich nicht wahr. ich bin ihm zu groß. 


23

"geh nicht über'n rübenacker" hatten sie noch hinterhergerufen, die lachende bande. ich knallte die tür zu und schrie: "arschlöcher". da ging die tür wieder auf. er hatte das glas in der hand und ich stand noch auf der stufe. seine nasse stirn neigte sich unweigerlich zu mir hin und stiess mir eine sanfte kopfnuss. "du sollst nicht auf den rübenacker", er lachte und prustete mir ins gesicht. er konnte sich kaum einkriegen, "du sollst nicht auf den rübenacker" sang er jetzt ein paar mal, ohne einen refrain zu finden. "weil...", unterbrach er sich, "weil dort die rüben wachsen. verstehst du? die rüben wachsen dir in den arsch, sind so heimtückisch und wachsen dir nachts in den arsch, hat sie gesagt!" und er zeigte dabei zurück ins cafe. "sie hat gesagt, du wirst schon sehen, was du davon hast. du solltest lieber hier bleiben und mit deiner rübe spielen, aber wenn du schon rauswillst in den wald, sagt sie...". die tür schepperte, weil drinnen jemand sie in die falsche richtung drückte, statt sie zu öffnen. "geschafft", sie steht im rahmen und ihre oberweite scheint noch üppiger als vorher, "verflixte tür". sie schubst den kerl zur seite und hängt sich an mich. "komm, sei nicht so, was macht den das rübchen, bist du mein kleiner rübenacker?, rübenkacker, war einmal auf dem rübenacker, da sass ein fetter rübenkacker, der vögelt dich von hinten und malt es dann mit tinten. die rübe ..., sag mal, was soll das denn?" sie tritt den fetten sack in den hintern. "pinkle woanders! ich will den süssen überreden und du alte sau...". sie klotzt mich an wie eine mondlaterne, sehr erleuchtet, besonders die nase. liegt daran, das ich sie beinahe im auge habe. sie drückt mir einen schmatzer irgendwo zwischen ohr und mund. dann fummelt sie sich eine zigarette aus der tasche, klackt mit dem feuerzeug und atmet ernüchtert eine wolke ein. "ich seh schon", sagt sie melancholisch, "du hast was besseres vor, ist dir wohl zu laut hier, bist ja ganz bleich, mein süsser" und kneift mir in die backe, bläst mir die wolke ins gesicht und lässt mich stehen.


24

nachdem die eingangstür des cafe rübenacker den schwall unterbrach, weil sie schließlich schloß, war ruhe. ich versuchte mich umzuschauen. es war früher abend und nebel hatte alles verschluckt. ein paar helle kugeln, die im nebel steckengeblieben waren strahlten, gaben vor, das es dort  wahrscheinlich eine strasse gab. es war ein feldweg, erkannte ich, als ich auf den boden sah. am offenen feld war ich schon vorbei, als die andeutung eines hauses in den blick kam, der  
das haus folgte und bald ein nächstes. felder schafften wieder ein lücke. da es zu keine häufung von häusern mehr kam, glaubte ich, bald im unbewohnten zu verschwinden. da ging ein fenster auf und jemand schien etwas hinauszuschütten. ich stand wohl gerade unter einer lampe, denn ich wurde erkannt und gerufen. "jungchen, woher kommst du denn, willst du zu mir, na warte, ich schließ dir auf." mein gott, zufall, der buchhalter war es, hier weit draussen in der einöde und ausgerechnet, als ich unter die lampe trete, geht das fenster auf. er war schon bei mir, hielt die pfanne in der hand, die er eben aus dem fenster gekippt hatte. "na ja. kann passieren. sollte nicht, aber kann." irgendetwas schien ihm angebrannt zu sein, so wie roch. "die schönen nüsse." er bat mich hinein und öffnete die tür zum wohnzimmer. "geh schon mal vor, bringe nur die pfanne in die küche." ich zögerte ein wenig beim hineingehen. ich schob die tür um die angel und schaute in die stube. gleich sah ich, das im sessel eine frau saß, die sich mir zuwandte und freundlich bat, doch platz zu nehmen. ich versank im sofa und rückte an den rand, wo ich mehr halt spürte. "nicht so unbequem, mein junge", hörte ich den buchhalter als er hereinkam. "kannst ruhig bequem sitzen." ich gab auf und lehnte mich zurück. "sind leider angebrannt", sagte er zu seiner frau, die tadelnd den kopf schüttelte, aber gleichzeitig schmunzelte. da er mich nicht ausfragte, redete ich von selbst, das ich im cafe war, und nicht gewusst hätte, und in den wald wolle, des friedens wegen. "so, so, in den wald." er sah mich prüfend an, "nachst also in den wald. da geht unsereiner nicht hinein, nachts. nun also, wollen wir erst mal sehen, was da auf dem tisch steht." er meinte wohl den kuchen, der im gelände der kaffeetassen herausragte und gepudert bereitstand. "dann wollen wir mal." er wies mir einen platz am tisch zu und setzte sich. seine frau hatte sich erhoben und kam, bevor sie sich setzte, den kaffee einzugiessen und den kuchen zu verteilen. da war der tisch nicht mehr da. der ganze raum war geräumt und stattdessen stand dort ein grosser kasten mit einer abdeckung, einer verglasten haube, hinter der ein kopf aus dem grund ragte und entsetzliches geschah. erst als ich nach dem körper suchte begriff ich, das es den schon nicht mehr gab. er war weggefräst, ohne das blut floss. die vorrichtung dazu, war nicht zu durchschauen und blieb verborgen. nur der kopf war geblieben und lebte, schaute mich an. ich blickte in die augen, die traurig mit der gewissheit zu verschwinden, mich anflehten. "ich werde jetzt das letzte mal zu dir sprechen" sagte sie vor ihrem verschwinden, das unaufhaltbar war. es war ja nur noch der kopf als zeuge vorhanden und bevor er erneut sprechen konnte, löste er sich zeile um zeile zu spänen, die sich auf den boden sammelten. der mund  war nun weg. bestürzt sah ich wieder die augen. nur noch die augen. "wohl nichts gegessen" hörte ich leise. sie beugten sich über mich. ich kam zu mir und der buchhalter half mir hoch, hielt den stuhl, auf den er mich setzte, an der lehne fest, als sie mich etwas kaffee nippen lies. 


25

das erste was ich sah, waren die oberleitungen der strassenbahn, über die ich weit oben dahinflog. ich stürzte volle lust in die tiefe und jauchzte, als ich nahe der drähte die richtung bestimmte und ihnen folgte. es fuhr sogar eine nachtbahn nach dem wald. die bahn verbarg sich am ende der fahrt zwischen den wällen und bog in die schleife. sie kehrte um. ich zog mir die decke über den kopf und versuchte wieder in die luft zu kommen. aber ich konnte gerade  vermeiden den boden zu berühren, so war mir das treten bald zu blöd und ich nahm platz. lag es an der bettdecke oder war ich zu unentschieden. hier in der kammer, sie hatten mich nicht gehen lassen und ich hatte ihnen nichts von meinen gesichten mitgeteilt, hier in der kammer, sie meinten wohl mich behüten zu müssen, hier in der kammer stand eine blume am fenster. ich streichelte sie und ein blatt fiel aus der blüte zu boden. ich dachte schon, ich hätte mich in den finger gestochen. aber es funkelte. das blinken war bestimmt von weitem zu sehen, so hell schien es in der kammer, die mit ihrem dach, wie ein kleines zwergenhaus aus dem dach herausragte. ich war mir nicht mehr sicher, dass ich es bald schaffte, die zwänge zu beenden, die mich hinderten. ich war aber aufgefordert. immer wieder taten sich risse auf, durch die etwas helles, funkelndes hineinwuchs, so als würde der himmel heranwachsen. alle sterne ziehen mich an. bin ich denn eine dumme motte, die gegen die lampe stößt und krach macht. nein, auf keinen fall. so wohl mir auch ist, und der buchhalter und seine frau meinten es wirklich gut mit mir, ich lag kaum in den weichen federn, da ratterte der zug schon herein, die pferde wiehern und schlagen die hufe. ich öffne die stallungen, der zug fällt vom gleis, aus der ritterburg fliegt der rabe heran und landet auf meinem rücken. ich spüre seine krallen durch das dünne hemd. komm mit. und wenn die kammer morgen leer wäre. er wird es verstehen. wo war ich gescheitert, was musste ich tuen um wieder an die endstation zu kommen, in den nahen wald. ich stellte mich ans offene fenster. wieder fiel ein blatt. diesmal wehte es von draussen herein. dann peitschte eine böe einen nahen zweig gegen den fensterflügel. das glas hielt stand, aber das fenster schlug zu. ich stellte den sturmhaken fest. die flügel schepperten. unter mir lag ein schwarzer garten, ganz dunkel dort und still, und auch hier oben über dem dach begann das schweigen. bedächtiges kopfnicken beim wetterhahn. ein hand voll goldstücke. ein paar zähne erschreckten mich. das war alles, in der schublade. nun war ich zu schwer zum fliegen. also lies ich das gold beim gebiss und stellte mich wieder auf. da hob sich der stoff meines hemdchen, ohne das ein wind ging und zog sich über meinen kopf. das kam mir bekannt vor, nur das ich diesmal in der klemme steckte. der rabe hatte einen kräftigen schnabel. und bald waren da noch ein paar rabenvögel, die an mir zupften, jedenfalls hatten sie mich frei und so stand ich nackt. erst spürte ich mich noch durch die kühle, dann verlor ich mich und musste mich suchen. ich stand immer noch an gleicher stelle, aber zugleich lief ich durchs zimmer, sah nach, ob noch mehr vögel sich versteckt hielten. ja, viele, und zu meiner ueberrachung nicht nur raben. da waren ganz bunte darunter. und junge, gerade flügge gewordene. nur der nackte knabe am fenster wollte nicht davonfliegen. er stand dort noch, als die mutter hereinkam und ihn wieder ins bett brachte. 


26

mir flatterte ein vogel voran, ein buntes tier, ein buntes band schleppte er hinterher. ich eile und tatsche und quatsche. die pfützten schrien laut. da an der buche hat lieschen ihr haar geflochten, dort an der buche starb ein mann. kein räuber fand sein geld. da liegt es noch im laub. das glöckchen klingelt im wind. "wohnst du nicht in der mutter schoss." "was willst du von mir?" da war der bunte vogel hinweg. es krächzte der rabe hoch oben. "ich lass dich nicht weg, mein armes kind. ich fahr dich nur durch die nacht. ich bin so müde. ich schreie nach dir." "mutter, die flut!" "ich sorge mich schon das ganze jahr." die räder jammern unter'm gefederten wagen. "ach mutter, wie ist es doch nacht." "ich weiss mein kind, ich geb auf dich acht." es regnete eckern, nadeln und zapfen. da liegt der kalte spiegel schon und will nicht zerspringen. da bin ich nicht mehr kind. die mutter ist fort. ich sehe nichts mehr. äste brechen. "bleib stehen!" raunt es. der mond taucht auf und scheint. er zieht einen wolkenschleier über und verblasst. er blinzelt. ich stehe unter hohen bäumen. hinter mir in stiller runde, bedenkenvolle gesten alter männer, mit stöcken in die erde geritzt, ein krikeln, schreiben, einer ritzt ein herz. die mutterlosen greise rasseln trocknes brot. da hat ein baum sich flachgelegt und bietet seine wurzeln an als höhle. da steht doch einer nahe dran. ich grusele. ja, da steht er, nahe am baum. ich sehe seine bleichen langen hände neben sich gehängt. die fingerglieder, wie gesprungene hirsche, krümmen sich, im flug übers wasser. wo ist er hergekommen. er schaut so ruhig, so ruhig wie eben der see, der sich nicht kräuseln wollte unter'm silbernen licht. einen hut trägt er und langes haar. ich kann ihn nicht rufen. wir stehen, ich zaudere. "geh, geh zu ihm hin." nach einer weile will ich ihn berühren. die stacheln am kinn, wie ein igelschwein und eine feuchte lippe. da fallen lichter von den bäumen. die würmchen leuchten statt der sonne. der alte pilz hat eine glatte haut unter seinem dach. es summt ein ton, ein rauschen, dort ein knistern. der wald ist einig und die furcht geht mit der nassen decke heim.


27

die tür stöhnte beim öffnen. ich öffnete die augen. sie stand vor dem bett und hielt das tablett, das sie mir hinabreichte, mir einen guten morgen wünschte. ihr augen leuchteten, als sie mich aufforderte zu essen. der katze in die schüssel, den hühnern gestreut, aber mir auf dem teller und in der tasse. da fühlte ich mich wie ein mensch. der kaffee war so schwarz und heiss, wie ich ihn mochte und die marmelade vom johannisbeerstrauch. sie war in der schürze. sie stand in der tür wie eine päpstin. war den das hausfrauliche gewand nicht den röcken der priester gleich. gewählt aus anlass und ernst und feierlich vorgeführt. ihre röcke waren gestärkt. die weisse bluse stach den buben und die schwarzen lackschuh klapperten zum schwatz. die hände schlupften nackt aus den kleidern und zeigten sich doch gerüstet, durch die runzlige braune haut, feste warme haut, die aber, als sie mich über die stirn strich, wie samt sich anfühlte. des buchhalters frau lies die tür hinter sich zufallen und ich hörte sie die treppe hinabsteigen, dann fiel unten noch eine tür, dann war es wieder still im haus. ich rückte das kissen und trank kaffee, as einen bissen und so fort. kaum war ich fertig, hörte ich von draussen einen pfiff. wer will mich den da ans Fenster pfeifen, fragte ich mich und schlug die decke zurück. unten stand aber keiner, so blickte ich die strasse hinunter und sah den pfeifer noch so weit entfernt, das man ihm keine absicht unterstellen konnte. da hob er den kopf, blickte aber nicht zu mir hinauf. er war schnellen schrittes unterwegs und stand schon vor dem haus. ich hörte das gartentor gehen. jetzt wird er wohl läuten, aber ich hörte nichts mehr. wahrscheinlich war ihm geöffnet worden oder er hatte einen schlüssel. vorhin, als er gerade aufblickte, nur kurz, glaubte ich einen schwarzen vor den augen zu haben. ich dachte aber nicht, was macht der schwarze hier, nein, ich war eher verwundert, überhaupt jemanden hier heraufkommen zu sehen. ich war über die nacht so aus der welt gekommen, das mir die gute frau das einzige war, das ich neben dem buchhalter hier glaubte zu gesicht zu bekommen. doch ich fühlte mich kaum gestört vom besucher, ich war sogar geneigt hinab zu gehen, um nachzusehen. ich goss wasser in die schüssel und wusch mich. meine kleider fand ich gesäubert am stuhl. ich kleidete mich und bemerkte, das ich ein frisches hemd anhatte. ich öffnet das fenster und der tag war bereit sich feierlich ohne eile auszubreiten, wobei er schon etwas von der hitze merken liess, die er für den nachmittag bereithielt. da ich hier nichts mehr zu verrichten hatte, wollte ich nach unten gehen und anklopfen. das tat ich. als ich mich niemand hereinbat, ich aber jemanden auf und ab gehen hörte und auch die frau am lachen war, dachte ich, das es schon recht ist hineinzugehen. ich öffnete die tür und hielt sie noch an der klinke, als ich hineinschaute. der auf und ab ging war tatsächlich schwarz und splitternackt. die frau sass gefesselt im sessel und blinzelte, als würde sie in sonne schauen. sie nickte mir nur kurz zu, um mir zu verstehen zu geben, das alles in ordnung wäre, dann nocheinmal, da ihr eingefallen war, das mir unmöglich ihr kurzes nicken genügen würde, das seltsame treiben als normal anzusehen, und so sagte sie dann schliesslich, auch nur kurz gehalten, sie blickte nämlich hauptsächlich auf den nackten, "schau an, schau an", was ich aber nicht unmissverständlich auffassen konnte. meinte sie mich in meiner neugier oder forderte sie mich auf, mit ihr dem schauspiel zugetan zu sein. ich konnte das nicht entscheiden, war aber jetzt schon längst anwesend und beteiligt. "was macht er", fragte ich dumm. "er geht auf und ab, um sich zu zeigen" sagte sie, "und nach einer weile, wird er wie wild tanzen." als das geschah schwanden mir fast die sinne. alle brünstigen hirsche des waldes konnten das nicht auf die bühne bringen, das der schwarze da mit wilden sprüngen über die dielen vollbrachte. sie war wirklich gefesselt und ich traute mich nicht sie loszubinden. inzwischen waren die tanzschritte gemäßigt und er wog die hüften ganz sanft. es lag ein wohlklang in der luft und als es dahinein flatterte, da war es bubi, der gelbe kanari des buchhalters, der einen ausflug durchs zimmer machte und auf er schulter des schwarzen landete. er blieb sitzen und begleitet das auf und ab mit gelegentlichen lauten rufen, die wie heiseren worte klangen, "neger", rief er, "neger". der schwarze lachte darüber und gab bubi ein küsschen. draussen ging die eingangstür und der schlüssel schepperte in der schale vor der garderobe. der buchhalter war zurückgekommen und legte ab, bevor er ins zimmer trat. "na, was ist denn hier?", tat er überrascht, augenzwinkernd, "es wird getanzt, na denn, werd ich mal die mandoline holen. "nein" schrien seine frau und er der schwarze zugleich, als hätten sie eine drohung gehört. er trat zu seiner frau und fragte, "darf ich dich entbinden?", und nachdem er ihr die fesseln gelöst hatte, war der schwarze auch schon in die kleider geschlüpft und begrüßte nun den buchhalter anständig mit handschlag. bubi war wieder auf die schrankkante zurückgekehrt und schimpfte von oben. und wie es weiterging, na ja, die männer gingen in den garten und die gute frau kündigte das mittagsmahl an.

28

man weiss nie, ob sie sich verstecken. gerade als ich folgen wollte, blitzte es auf. etwas hatte den spiegel von der rückseite her durchschlagen. ich schrie auf. die scherben steckten auf mir. ein splitter bewegte sich und näherte sich meinem herzen, so das ich ihn hinauszog. ich blickte darauf und fand dort nicht das ebenbild, sondern sah, dass die bilder aufeinanderfolgten. ich sah mich selbst, aber ihn bewegung. das was ich sah, gefiel mir nicht. die gesichter, über die ich hinwegstapfte, waren mir zu gut bekannt, so das ich sagen muss, ich trat auf die gesichter meiner freunde, lief auf ihnen herum, dabei hieb ich mit einen stock auf den kopf meiner frau. weder die hiebe, noch die tritte, obwohl ich wie rasend immer wiederholt zuschlug, hinterliessen verletzungen, ja meine wahnsinnigen taten wurden vollkommen unbeachtet hingenommen, nein, sie wurden garnicht wahrgenommen. ich erschöpfte mich in meiner raserei. als ich einen augenblick nach unten sah, bemerkte ich, das ich noch nicht getroffen war. das scherbenfeld hatte mich zwar umzingelt, aber nur diese scherbe, die ich in meiner hand hielt, war unter die haut geraten und hatte somit getroffen. der reihe nach. erst einmal, welcher aussenposten?, welche ansicht konnte von da draussen wirken?, das ich mich gespickt sah, von einem geschehen betroffen, das den spiegel zerbersten liess und die scherben in geordneter form auf mich zu schleuderte, wie pfeile, statt mich chaotisch torkelnd zu erreichen. ich akzeptierte, das es aussensichten gab, die mich erreichten, ohne das ich selbst ausser mir war. oder war ich in dem gebirge der ereignisse herumgeklettert und hatte die gelegenheit mir selbst einen festen posten zu reservieren, mich selbst dort zu belassen, um mich aus der ferne zu informieren.  konnte ich aus mir heraustreten und in der zwischenzeit herumlaufen. ich dachte auch an die möglichkeit, das ich bloß einer idee folgte, ich also garnicht wirklich getroffen werden sollte. aber ich hielt ja die scherbe in der hand, hatte den beweis in der hand. wenn das wirklich geschehen war, war die folge, das ich von den scherben getroffen würde, unaufhaltsam und nur die raserei im zentrum meiner wahrnehmung, erzeugte die scheinbar angehaltene zeit. ich stand keinem täter gegenüber, der innehalten konnte, den ich beeinflussen konnte, den ich überrumpeln konnte, den ich mit meinem blick lähmen konnte. ich hatte nur die wahl zu irren oder einer beschleunigung meiner wahrnehmung. auch wenn es mir möglich wäre, die beschleunigung soweit voran zu treiben, das ich zeit für ein ganzes leben gewönne, könnte nur das gift des schlafes mich vergessen lassen und die scheinbar gewonnene zeit vergolden. die ausgangssituation, erinnerte ich, war, obwohl ich aufschrie, unerschrocken. der schrecken kam nicht an, nur die erschöpfung, der die lähmung folgte, nicht die müdigkeit, wie nach dem tagwerk. die scherbe in meiner hand zeigte mir nun nichts mehr und ich senkte den arm. wäre es nicht an der zeit, das es geschähe, das nun der angehaltene rest mich durchbohrt. ich dachte, wenn es mich nicht schreckt, was ist es dann. war es eine art von botschaft, eine warnung?. von wem kam sie?. ich konnte mich des geschehenen, das mir der blick in die scherbe vermittelt hatte, nicht erinneren, eher hatte es den anschein, das es geschah, als ich es beobachtete. ich entschied mich. ich wollte es beenden. es war einen moment ruhe. dann prasselten die scherben an mir ab.  die energie, die sie trugen, hatte sich erschöpft. zurück blieb der schrecken, vor der möglichkeit des bösen.

29

ich verliere ständig etwas. letztlich verliere ich alles. ich verliere das bewusstsein. alles findet im schatten statt. in der dunkelheit sehe ich nichts. die beiden waren voran gegangen und schritten langsam vor mir in den garten, der erblüht war. in diesem jahr schienen mehr blumen aus der erde geschlüpft als vorher. ich schaute und blieb zurück. ich bemühte mich um ein bild, das ich als wichtig empfand, das mir aber garnicht als bild abhanden gekommen ist. wie kann man etwas vermissen, das man nicht mehr denken kann. ich hatte das gefühl, das es da sein musste, wusste aber nicht wie es aussah, wie es roch oder schmeckte . ich suchte verzweifelt nach dem bild, das ich nicht kannte. ich weiss aber, es muss da sein, sonst wäre es mir nicht so wichtig. ich versuchte es mit verstellten augen. ich zwinkerte. da tauchte  aber ein anderer garten auf. ich sah hinüber über die wiese hinweg. es war ganz hinten am umgegrabenen land. der vogel schrie. die alte hielt in der hand und zog den hals heraus und drehte ihn herum. der alte sah zu. ich verstummte. dann warf sie den vogel auf den boden und er stach mit dem spaten hinein. nun wusste ich, was eine zeitlupe ist. sie funktionierte auch so, wie eine lupe. ich wurde hineingezogen. hätte der hahn nicht geschrien, wer weiss, wo ich noch hineingeraten wäre. ich tauchte wieder auf und suchte die anderen. der schwarze schwatze noch mit dem buchhalter. als er mich bemerkte, winkte er mich herbei. ich kam heran, hatte aber keine lust zu reden. im vorbeigehen nahm ich meine jacke, die er mir entgegenhielt. ich lies mich ins hohe gras fallen und schob sie mir unter den kopf. ich roch das heu, das auf der anderen seite lag. ich robbte hinüber und grub darin, bis ich nackte kleine mäuse fand. sie waren rosa wie schweinchen. wenn ich sie mitnähme und jemand in den briefkasten würfe, wäre ich ein mäusemörder, wenn ich eine schnecke im taschentuch unter wasser hielt, auch ein mörder. ich blieb liegen, streckte die hände nach hinten und lies die mäuse krabbeln. wenn jetzt ein grosser vogel vom himmel stürzte, würde er mir aus der hand fressen. schnell schob ich sie zurück ins feuchte warme heu. ich schloss die augen und spürte die glühende sonne durch die lider scheinen. ich verbannte alle taschentücher aus den händen der jungen. an die alten wollte ich nicht mehr denken. die stille trat in die mitte und nahm grüße entgegen. das war alles.   

    
30


der schwarze hatte sich aufgeblasen, klatsche mit der hand gegen die backen, die er dabei entleerte, wobei die lippen quietschten und furzten. das hinterteil streckte er dem buchhalter entgegen und bat ihn darauf zu trommeln. als alle nassen ecken trocken waren, lag immer noch die büste des diktators im gang. im wald aber stand auf hohen beinen ein runder vogel und spreizte das gefieder. da hielt ich mich am gras fest, rupfte es und kratze solange, bis die erde fett und feucht und schwarz um meine finger wuchs. aus dem kleinem grab wand sich ein rosa wurm. ich zupfte gänseblümchen und deckte ihn zu. der buchhalter klatschte den schwarzen ab und der quiekte. bald grunzten beide und verschwanden. die frau hatte gerufen und sie kamen mit wäsche zurück. die laken trennten den garten vom haus und blitzen auf der leine. kaum hingen sie, ging eine sanfte brise. ich atmete auf. streckte mich wieder nach den kuhlen, doch hielt ich die hände nur darüber, als dächten sie. die finger nickten dann zu jeder frage und kasperten.
"wirst du dich bald vermählen?". "nein, das möchte nicht. ich will noch jungfrau bleiben. bin doch ein mädchen. dreh mir gern das haar und flechte es zu zöpfen". "ach, komm, nun zier dich nicht. du musst doch von der liebe naschen". "bedräng mich nicht. und will ich fort, dann lass mich". "nun sei nicht böse. ich kann warten, bis du artig kichernd lispelst und ganz von selbst die lippen spitzt, als pfiffst du nach den vögelein". sie kichert. "da kannst du lange warten, frecher kerl. igitt, wie sehen deinen finger aus. ganz schwarz!". ich hielt den schwarzen finger vor den mund und flüsterte und zeigte. "siehst du, da, ein eichhörnchen, holt sich von den nüssen". ich blinzelte und kniff die augen, bis die ferne schmolz und licht zu glitzersteinen wurde die in den nebel fielen.  


31


das nebelhorn blies. aber ich konnte nicht aufstehen. ich versuchte es, aber es hielt mich am boden. ich lies mich in ruhe und meine nasenspitze wurde kalt. der nebel umhüllte den garten, den park, das schloss und alle flüsse, den größten der flüsse. er senkte sich vom himmel. meine nase steckte in der erde. da pflanzte sich eine hortensie daneben und duftete. ich bat sie woanders hinzuziehen, da ich das tal hinabsehen wollte, wenn der nebel verschwunden ist, obgleich er noch immer nässer und schwerer wurde, salzig roch und auch wieder dieses nebelhorn krach machte. die hortensie blieb und mir blieb nichts übrig, mich ruhig zu halten, da ich immer noch nicht losgelassen wurde. was konnte eine umarmung bedeuten, die so fest war, so umfänglich, und von unten kam. eine weile geschah nichts weiter. dann aber fühlte sich die umarmung an, als läge ich am leib einer milchigen frau. es roch so unverwechselbar süß. da ich nichts sah, bildete ich mir ein, das mich ein kühler schneeweiser leib berührt. und ich sah meine geliebte fern im tal auf einem fahlen ross. ich konnte nun den kopf wenden und die nase schnupperte erst einmal keine erde, sondern wieder frische luft. ich ärgerte mich nun im gras zu liegen. da tauchte der buchhalter verkehrtherum auf. er hing mit dem kopf unten über mir. "soll ich dir den maler zeigen? du kannst dich erinnern? wenn du dich nicht erinneren kannst, solltest du den maler sehen." ich überlegte. was ich ihm vorwerfen wollte, konnte ich nicht. ich war es dessen nase tief drinn steckte. ich wollte sie mir abwischen, schlug aber mit dem arm gehen ein hindernis. von unten war ich zwar losgelassen, doch nun an der hüfte eingekeilt, so dass ich mich nicht gleich drehen konnte. ich ruckte herum und kam auf den rücken zu liegen. es waren die füße des schwarzen, die mich hinderten. er stand aufrecht über und hielt den buchhalter, der ja kleiner war, viel kleiner war, denn der schwarze war ein riese. er hatte den buchhalter an die knöchel gepackt und lies ihn an seinen gestreckten armen herabhängen. deshalb sah ich ihn verkehrtherum. der verkehrte kopf redete weiter und erneut kam er auf den maler zu sprechen. "der maler", sagte er "ist etwas ganz besonderes". ich lag ja nun auf dem rücken und da ich mich fast schon wieder wie ein faulpelz räkeln konnte, froh war, das die erde mich nicht genommen hatte und die hortensie nicht mein grab schmückte, ging ich schliesslich auf seine ansprache ein und fragte, "was den für ein maler, hier im garten oder ist einer zu besuch?" "nein", sagte er "nicht zu besuch. er ist da, schon immer, er war schon da. und ich habe es nicht übers herz gebracht ihn fortzugeben". sein kopf war schon ganz rot vom herabhängen und da dem schwarzen die kraft ausging, lies er den buchhalter wieder hinab auf den boden, wo er sich hinsetzte. der schwarze blieb stehen und verschränkte die arme vor der brust, wie ein haremswächter. so stand er da, als bewache er den eingang. ich setzte mich auch und betrachtete den buchhalter. der zeigte ungefähr, ohne hinzusehen, nach hinten, wobei sein arm wie ein wetterhart herumirrte, was er wohl bemerkte, den er blickte ihm nun nach und zeigte dann genau auf die bretterbude aus der gerade ein huhn herausflatterte und lärmte. "da drinn kannst du ihn sehen, den maler". 


32


die wand war durchbohrt. das geweih steckte in den brettern fest. er hatte kaum anlauf gehabt. er hatte eigentlich keinen anlauf gehabt, ausser das hinterteil quer zu stellen und krumm gegen die wand zu schmettern. als er das geweih nicht mehr zurückziehen konnte, weil es feststeckte, gab er auf. was dort verendete und stank war nicht mehr da. auch fell und knochen waren nicht mehr zu finden. die tür stand jetzt offen. ich stand unter dem schädel und starrte auf die brütende henne. sie nickte. wenn niemand käme, würde sie das ei ausbrüten. der buchhalter stand draussen und als er sah, dass ich dastand, ging er. das stroh auf dem die henne brütete glänzte golden. der grünweiße kot klebte und buk fest. die farbe auf der leinwand war längst trocken. die leinwände standen an die wand gelehnt. auf dem sims, den sie bildeten, bauten sich kleine gebirge aus hühnerkacke auf. ein schillernder käfer krabbelt da durch. das vordere bild des stapels war geschändet. was ist nein, stand dort ohne fragezeichen. ich wischte über die leinwand. es war nur kreide und staub. dahinter erschienen augen, nase und der rest blieb noch verborgen. aber wo war der maler. eine andere henne war hineingeflattert und brauchte zeit zur ruhe zu kommen. ich bemerkte den vorhang neben mir erst, als er sich bewegte. wenn dahinter der maler ist, dann hält er sich atemlos still verborgen. da kam der buchhalter zurück und stieg durch die tür als er sah, das ich mich nun dem zuwendete, weshalb ich hierher gekommen war. da nun aber trotz zweier gäste der maler immer noch nicht atmete, kam mir ein grusel und griff mir ins haar. der buchhalter aber trat in die mitte und zog den vorhang zur seite. das licht, das durch die tür eintrat reichte nicht weit genug, so das ich ins dunkele blickte und ersteinmal nichts sah. aber ein brummen hörte ich. ein mann trat aus dem dunkelen und kippte mir einen bären ins gesicht, der sich verneigte und brummte. der mann trug eine seefahreruniform, eine zu grosse. der hagere mann im blauweissen stoff grinste und schien freundlich. er streckte mir den bären entgegen, aber als ich ihn nehmen wollte, schüttelte er den kopf und zog ihn zurück. der buchhalter, der bisher noch nie geflüstert hatte, teilte mir sehr leise, ich musste mich hinüberbeugen, mit, der sei nicht der maler, nein, das sei ein guter bekannter, ein freund des malers, das sei der fischtäuscher. "ah", sagte ich, "den kenne ich, aber irgendwie habe ich ihn nicht wiedererkannt", ich fuhr fort, "ja, den fischtäuscher kenne ich". und ich erinnerte mich. es klapperte, als die tapetentüren, die mir ihn den sinn kamen, aufgestossen wurden. die hexenbänder öffnete sie zu beiden seiten. und ich war dem fischtäuscher nachgelaufen, der immer voraus war, und seine scherze hinter die nächste tür trug. nun sah ich ihn also wieder und hatte ihn nicht erkannt. wieso trug er die uniform des wasserhelden. ich werde ihn das mal fragen, aber nicht jetzt. der buchhalter hatte bereits nach dem maler gefragt, "ist er noch da?" hat er ihn gefragt und der fischtäuscher antwortete beleidigt "na klar. ich hab ihn nicht mitgenommen. ich darf ihn doch sehn, wie abgemacht, jederzeit sehen, und auch hierbleiben, zu seinen füssen ein bett bereiten und schlafen und träumen". er seufzte. der buchhalter gab sich milde und wollte ihn nicht mehr schelten. "er hat ihn schon einmal weggetragen", raunte er mir zu. "ich musste ihn mit dem wagen zurückholen" ergänzte er hörbar. "nur das eine mal, um abschied zu nehmen", rechtfertigte sich der fischtäuscher. dann schien er zornig und beinahe wäre es aus ihm herausgepoltert, was der buchhalter aber verhinderte, denn er drehte kopf zur seite, um dessen blick auszuweichen. was für eine geschichte, und weshalb die vorbehalte. der buchhalter sagte nichts, aber mir war klar, er wollte das stück auf seine weise in szene setzen und erlaubte nicht, das es unbedacht ausgeplaudert wird. ich spürte das erste mal ein unbehagen, über die art und weise, wie mir die geschichte nahe gebracht wurde. "wir gehen später noch einmal rüber", sagte der buchhalter und lies den Vorgang wieder schliessen. wir folgten ihm und kamen gerade recht zur kaffeetafel, die die frau gedeckt hatte. der fischtäuscher begrüßte sie mit einem kuss auf den mund, dann küsste er den schwarzen, mir gab er einen kuss aufs ohr, der buchhalter bekam garkeinen.


33


ich war unruhig, zerbröselte den kuchen und warf ins gras, zu den spatzen. die mandoline zitterte immer lauter und die gesänge des fischtäuschers machten mich traurig und madig. die frau spielte die mandoline, als stünde sie einer kinderschar vor. sie marschierte los und die kleinen gekämmten püppchen folgten ihr. der fischtäuscher war das krasse gegenteil. sie spielte fröhlich. er sang klagend. "des malers altes kleid hab ich geflickt mit seegarn:hab seinen hut getragen gern: für ihn fand ich ein euter: hab's ihm auf den kopf getan: ich trank aus seinem kopf: die lausigen säfte: bis er sich besser fühlte: hab ihm die hand gehalten: er war schon hinüber gegangen: das wollte ich nicht glauben: habe ihn in die decke gehüllt". von da an verstand ich ihn nicht mehr. er sang in fremden lauten. keine worte. ich war ja schon aufgestanden, entfernte mich rückwärts, schritt um schritt, sah wieder den aufmunternden blick, das augenzwinkern des buchhalters, sein einverständis, wurde darüber ärgerlich, schüttelte den kopf, nein. der gartenfrieden verregnete. ich verstand nichts mehr. das gespräch hatte tonstörungen. das wetter schlug um. der vogelmörder war in den garten gedrungen, hatte dem schwarzen ein seil um den hals gelegt und zerrte ihn hinüber auf sein land. der buchhalter sah zu und zog den hut auf. er sah in die wolken. die frau rannte aber hinterher und schlug mit der mandoline nach dem mörder, dann verschwand sie hinter einer wand und kam nicht wieder. ich konnte nichts tuen. es spielte alles nur noch auf einer leinwand auf einem acker. ich suchte hilfe und wandte mich ab. da sah ich den hühnerstall unverändert im blühenden garten. da sah ich schnell zurück und alles war wie vorher. sie sassen an der kaffeetafel, als sei nichts geschehen. ich stützte mich und lehnte mich an den birnbaum. was hatte ich. es half mir nichts, das die schreckensbilder verschwunden waren, ich wollte auch nicht zurückkehren und davon erzählen. das fröhliche erschien mir nun auch wie ein trugbild. so schlich ich in den hühnerstall und weinte bei den hennen, die das nicht störte. 


34



der junge stand traurig neben der tür und schaute ins leere. der geöffnete geldbeutel hing um seinen hals. ich ging an ihm vorbei. "wie kann man so traurig sein?" dachte ich, da ich ihn nicht fragen wollte. draussen scherzten die diebe. ich lies ihn in seiner ewigkeit zurück und schlüpfte zwischen den Vorhang. ich hielt ihn zur seite auf und stand unter der geschlossen mitte ebenfalls still. ich wandte den blick nicht zurück zur tür. der traurige junge hatte sich hinausgeschlichen. ich sah nichts und wartete. als es noch einmal zu brummen begann, dachte ich, der fischtäuscher hätte sich vor mir hereingeschlichen und wolle mich wieder foppen. aber es war diesmal viel lauter, und als die kette klirrte stand er vor mir auf den hinterbeinen, der bär. der mann der ihn hielt, hatte einen goldzahn im mund. "wo willst du hin?" fragt er. "ich will zum maler", antworte ich. "gut, dann geh weiter". er beschäftigte den bären und lies mich durch. es wurde eng und zog. der wind blies so kalt, das ich zurück wollte. aber ich konnte mich nicht wenden. der boden war weich geworden und ich hatte keinen halt. ich spürte die enge, aber mit den händen fand ich sie nicht. "im ersten kabinett", ertönte die stimme eines ansagers, "finden wir den maler der giftgrünen bilder, der tapeten mit den silbernen streifen, keine sonnenaufgänge, überhaupt keine landschaften, landschaften werden wir hier nicht finden. der maler ist noch nicht eingetroffen, wir werden warten und sehen". er machte eine kurze pause und fragte, "was werden wir sehen?"  ich sah einen raum, der wie angesagt, tatsächlich giftgrün war, so absolut grün, das ich mir wie ein nacktes ferkel vorkam, das ich auch war. meine kleider waren nicht mehr am leib. aus dem nebel gekommen, wurde ich jetzt gepudert. die puderquasten kamen aus der wand. auch die fingernägel waren grün lackiert und der ring am finger ein grüner kristall. die arme, jetzt regelmäßiger und auf und ab schwingend, tanzten ein ballett. einer hatte es auf meinen hintern abgesehen und ihn so häufig gepudert, das es dort besonders staubte. der ansager zeigte sich, ein hofkapellmeister mit taktstock, und wies mir platz an auf dem einzigen sessel. er verbeugte sich und wiederholte etwas allgemeiner, aber immer noch feierlich, "wir warten auf den maler der bilder". da sass ich nackt auf dem thron. soll der maler sich nur zeit lassen, dachte ich. vielleicht bin ich dann schon wieder gekleidet. da ich mich aber wohl fühlte, nackt und gepudert, war es mir garnicht mehr wichtig, ihn bald zu sehen. wenn er noch eine zeitlang fortbliebe, wäre mir das auch recht, denn ich begann mich zu amüsieren. die puderquasten waren nun komplett mit leibchen und bändchen. sie kicherten äußert taktvoll. wie reizend und ich schämte mich auch nicht. als dann eine trompete blies kamen sie etwas durcheinander und fielen zu boden. ich eilte gleich hin und hob sie auf, warf sie wieder in die luft und freute mich, wenn sie auf mich herabfielen. einige male noch schmetterten fanfaren, aber wen sie auch anzukündigen mochten, er erschien nicht. ich fläzte mich auf dem thron und dachte, "ei, bin ich doch schläfrig" und war schon eingeschlafen. 


35


ich pudelte mich im waldsee mit dem förster, der nackt hineingesprungen war. sein gewehr hatte er arglos am ufer gelassen.ich beobachtet die büsche, ob sich dort die hasen verstecken. ich bibberte und wollte mich gerade einseifen, da merkte ich, ich habe keine hände mehr. die waren zu hufen geraten. da war mir war wohl ein fell gewachsen. mit den ohren scheuchte ich schon fliegen. da stand ich esel wieder im kabinett und wieherte. "was soll das?, wo bleibt er?", denn ich erwartete, die führung fortzusetzen, die so liebreizend begonnen hatte. einen so aus dem traum zu holen. ich wollte schon mit den hinterhufen die wände zertrümmern, da kam goldzahn vorbei, ohne bär, auf der schulter einen papagei. er lüftete mir den schweif, was ich mit einem furz vergalt. die puderquasten hielten sich die nasen, etliche waren in ohnmacht gefallen. goldzahn hieb mir auf's gesäß, das es krachte. "warte nur, ich zahl's dir heim", aber er grinste und kraulte mir auch die löffel. "hau ab!", ich mochte nicht zugeben, das es mir gefiel. er versteht sich auf esel, das ist klar, den er griff mir nun noch hinter die vorderbeine und krabbelte den bauch entlang. ich begann schon zu sappern, da kam endlich die hofschranze, die führung fortzusetzen, kaum verwundert, nun einen esel vorzufinden. "mein herr, dem es gefällt, als esel zu erscheinen, es steht ihnen nun frei mir zu folgen". sie klopfte dreimal mit dem stab auf den boden, das zeichen den vorhang zu öffnen und mit dem spiel zu beginnen. ein intermezzi begann, in dem barfüßige schöne breitbeinig dasaßen und gackernden hennen ein paar federn herausrissen. "so etwas gemeines", wollte ich sagen, aber mein wiehern erheiterte sie und sie liessen die hühner flattern. das gegacker reizte sie zu einer leichtfüßigen tarantella, wobei mir körbe aufgetan wurden und blumen zum schmuck. die körbe lagen mir schwer auf dem rücken. der goldzahn pfiff. "natürlich dunkelheit", dachte ich als mir schwarz vor den augen wurde. kann mir der maler nicht einfach gegenübertreten. der hofmeister zündete einige kerzen an und stellte die lichter so, daß man etwas sehen konnte. aber was war es. "wir ermuntern sie, das kabinett des malers der zungen, zu besichtigen, der maler ist nicht anwesend, er malt". "solch karge ansage, ist wohl für einen esel genug, denkt er sich". ich bleckte die zähne. "sie werden schon sehen" sagte er ungeduldig, "weitere erklärungen, sind garnicht vorgesehen". was war schon vorgesehen? ich bemühte mich wirklich und sperrte die augen auf. da sah ich einen grossen schlafsaal. nebeneinander in ihren eigenen betten lagen die zungen. schliefen sie? ich stand auf den hinterbeinen und fühlte mich ganz schlank. da mir die hände wieder begegneten, wies ich sie sofort an, mir das fell über den kopf zu ziehen und es der erstbesten zunge zu geben, auf daß sie pelzig wird. als ich kein esel mehr war, stand ich auch wieder mit kleidern da. ich lauschte, ob ich einen zungenschlag höre. nichts, alles still in den betten, oder? ja da war einer, ein schnalzender zungenschlag, recht keck, irgendwo weiter hinter. "der wird sie wecken, das wird wohl so sein". ich konnte nun besser sehen und begann mit der visite.            


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warum hatte der maler die wand gegenüber mit züngelnden flammen bemalt? "es brennt", rief die schwester. sie zog den nachtspind auf und fand das versteckte brot. sie gab es dem knaben. die zungen erhoben sich, um zu reden. ihr strenger blick lies sie verstummen. der knabe aß vom alten brot. nun lag auch seine zunge krank im bett. das fensterkreuz warf schatten. die schwester stand im kreuz und ihre haare brannten rot. die nachtlade klemmte. die zungen konnten sie nicht hören. die tauben zungen krümmten die spitze und wollten schlagen. sie schnellten über die mauer.die gestörte fliege griff wütend an. die schwester schrie schon wieder, "es brennt". die flammen züngelten im blau. es brannte nicht. ich trat ans bett. der knabe lag und weinte. vor dem bett saß der grossvater und weinte auch. ich ging weiter zur nächsten zunge. sie lag da so trocken und rissig, daß ich nach wasser suchte. ein schlauch lag auf dem boden. ich hob ihn auf und goß ins bett. die große pfüzte floß den gang hinab. da stand bald der fischtäuscher mit gummistiefeln im bach. ich muß zurück rief ich und ruderte. die zungen schwammen aber schon davon. die schwester trieb dazwischen her, das rote haar aufgefächert und wallend in der flut. "hierher ans ufer", rief er und winkte. ich hatte boden unter den füßen und stapfte durch den sumpf. "schöner maler", schimpfte ich. da war ich nun in zwei kabinetten und habe ihn nicht gesehen. am ufer trocknete die mittagssonne die kleider und brannte auf meiner haut. vom himmel herab rief mich eine stimme. "immer da, immer da", äffte der vogel nach. der fischtäuscher watete vorüber und schleppte etwas hinterher. ich blinzelte und erschuf mir in den wolken einen riesen. ich ließ ihn frei und rief ihm zu, "sag dem maler, ich käme morgen wieder an die selbe stelle". dann schnalzten mich die guten zungen in den schlaf.


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meine kleider waren wieder trocken. ich kauerte auf der bank vor der hütte. über den see hin schnitt glockenläuten die schwere luft. jedenfalls keuchte sie. die wellen der heimkehrer schlugen herab. der fischtäuscher kam heraus und flitzte zum steg, warf seinen arm, hatte keine angel. er griff zum himmel, zupfte watte aus der nebelwand. es hatte sich zugezogen. er kam mit leeren händen zurück. als er sie mir auf die stirn legte, waren sie angenehm kühl. er setzte sich an meine schulter und lehnte sich an. er summte ein lied an. er brach ab und blieb ruhig sitzen. ich war eingeschlafen. irgendein tuch knatterte und zog. ein pfahl ächzte und gab nach. in der hütte war licht. ich folgte dem fischtäuscher hinein. er winkte mich ans fenster. "das ist der wasserturm". er zeigte ins dunkel, aber ich sah nur eine motte unter der lampe hindurchfliegen. ich starrte, weil er fortfuhr zu reden, weiter dahin, bis ich endlich glaubte einen fleck, der ein fenster sein könnte oder eine papierlaterne, zu sehen. "das ist der wasserturm und er wohnt immer noch da". "der maler?" fragte ich. "nein, der nicht, der wasserheld. du selbst hast ihn dort abgeladen, aber du hast es wohl vergessen". er drängte mich nicht und ich erinnerte mich nicht. "es ist ein alte geschichte. wir werden ihn nicht aufsuchen. es sei denn, er schiesst auf uns, von da oben. das würde ich nicht lustig finden". "weißt du", sagte ich, "ich will nicht zurück zum buchhalter. ich möchte gern ein eigenes zimmer zur miete". "wenn du morgen früh davonläufst, dann greif in die jacke. ich habe dir einen zettel hineingesteckt, ein adresse, dort kannst du fragen. aber jetzt", er griff die laterne, "kommst du mit und siehst dir an, was ich dir zeige". er ging sofort los und hielt die tür auf. die sterne waren zu sehen, da die wolken hinabgesunken waren und uns bis an die knie gingen. wir stiegen hindurch und ich folgte dem fischtäuscher, der voranging und die laterne hochhielt, bis zum schuppen. er war größer als die hütte in der er hauste. es war ein bootshaus, und im wasser, das vom see hereinschwappte, bewegte sich der nachen. er ging die stiege hinauf und stellte die laterne ab, um mit dem kienspan weitere lichter anzuzünden. durch die dielenritzen drang das dunkele von unten. der raum war hoch genug einen abstellboden aufzunehmen. der war etwa halb so breit und folgte der länge. wir gingen zuerst darunter und er leuchtete an die decke. bis auf ein kuheuter, das herabhing, gab es nichts zu entdecken. "da fehlt eine zitze". "ja, das ist für mich", sagte er, "da komme ich hinein. bleib stehen". er gab mir die laterne und ich hörte ihn nach oben steigen. über mir kam er zurück. nach einer weile sah ich die fehlende zitze ersetzt. "siehst du", rief er von oben. "will ich nicht", und sah weg, "komm wieder her". als die zitze verschwand, musste ich doch grinsen. "komm rauf" rief er. "nein, das mach ich nicht", rief ich, im glauben, ich solle es ihm nachmachen. "aber ich will dir noch etwas zeigen, etwas anderes". er nahm mich an der leiter in empfang und half mir rauf. "halt die lampe hoch". beide laternen erhellten den raum hinter dem loch für das falsche euter. ich erschrak mich so, das ich starr war. dahinten hockte auf einem kissen eine gestalt, die sich nicht regte. sie verbarg sich in einem dunklen umhang. der fischtäuscher nahm mich an die hand und löste mich. wir näherten uns, und ich blickte auf eine mumie, die im schneidersitz erstarrt, einen breitkrempigen steifen hut auf den kopf hatte. auf der krempe pappten stummel heruntergebrannter kerzen. um die schulter waren grüngefärbte hasenfelle, sammt köpfen und pfoten, gelegt und im schoss über den gefalteten händen schwebte eine glühende eierkohle. "der maler", flüsterte der fischtäuscher und schwenkte die laterne, er schwenkte dabei eine weihrauchkugel. ich fiel in ohnmacht und träumte zu schlafen. mich zog etwas am zipfel und ich schrie. da hielt mir der fischtäuscher den mund zu. es war heller morgen und unter uns war jemand. "still, sonst merkt sie den schwindel". der kerl hatte mich in meiner ohnmacht über das euter gelegt. und wie abgesprochen, hatte sie daran gezogen. ich rollte mich herum und suchte die hose. sie lag dort, aber der maler war fort. "komm jetzt, sie ist fertig". unten gab er mir ein stück brot und einen räucherfisch mit auf den weg. er drückte mich an sich und wünschte mir glück, als ich ging. "der zettel", rief er mir hinterher. 


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"ich möchte nicht, daß sie im katzenfell aufs bad gehen, maunz könnte ihnen über den weg laufen", sprach frau dürr zum könig. "wenn sie sich nicht einsichtig zeigen, dann gehen sie zurück in ihren palast". der könig lenkte ein und versprach auf das fell zu verzichten. er wollte nicht zurück. "dort können sie unter ihr leopardenfell kriechen und wenn ihnen dann der wasserbüffel auf den kopf fällt, geschieht es ihnen nur recht", eiferte frau dürr weiter. der könig bedeckte sich mit dem handtuch, nahm die krone vom waschtisch und entfernte sich. frau dürr sah sich im bad um. der bubikopf gedieh und auch die pantoffelblume. das bemerkte sie und atmete tief durch. ihre brust hob sich unter der gestreiften bluse. sie strich den rock glatt. dann inspizierte sie badewanne und waschbecken auf ihren gebrauch. bei der männergesellschaft, die sie beherbergte, bangte sie stets, das etwas anderes außer wasser durch die abflussrohre floß. da läutete die glocke. sie ging zum öffnen. "was führt sie zu mir?", fragte sie mich. ich zog den zettel aus der jacke, den mir der fischtäuscher hineinsteckt hatte und gab ihn ihr. sie hielt die augengläser vor und las. sie sah mich an. "ich habe noch ein zimmer, das ich ihnen zeigen kann. kommen sie". ich folgte ihr. sie ging voran. der flur war angenehm kühl. blumenkübel und pflanzen auf säulen und auf bänken begegneten mir auf dem weg. ich war nicht allein. eine katze flüchtete und verbarg sich. das zimmer lag nach hinten zum garten. es hatte einen geschlossenen balkon, der sich im sommer weit öffnen lies und zugang zum garten bot. ich wurde zwar angewiesen, den hauseingang zu benutzen, behielt mir aber vor, gegebenfalls nicht zu gehorchen. sie sah mich an. "die hausregeln sind einzuhalten,und dies sind sie", sie verwies auf eine gebundene karte, die auf der kommode lag. ich schaute hinein und entdeckte dort auch die essenszeiten. es war nicht weit bis zum abendtisch. "tragen sie ihr gepäck nur herein und kommen sie dann in den speiseraum. sie müssen zurück in die diele, dann werden sie ihn schon finden". "das gepäck kommt wohl nicht". sie betrachte mich. "der fischtäuscher hat aber ein händchen, mir immer seltsame gäste zu finden. einen könig ohne reich, hat er mir letztes jahr geschickt. vor einigen monaten den kleinen kerl, vor dem ich mich immer noch erschrecke und nun einen bursche ohne gepäck". ich versicherte ihr, das ich bald versorgt sein würde. ich würde mich morgen darum kümmern, die mittel, die mir der buchhalter überlassen hatte, umzumünzen und die geforderte miete im voraus zu entrichten, dann den schneider aufzusuchen. "in einer halben stunde!". sie ließ mich allein und ich sank auf das herrliche bett. ich wäre sicher gleich eingeschlafen, wenn nicht hinter dem vorhang, ein hässlicher fetter kleiner mann hervorgetreten wäre. er stand vor dem bett und sah mich böse an. da er sonst nichts veranstaltet, das mich störte oder gar eine rauferei anzettelte, betrachtete ich ihn gründlich. "du kommst vom maler. das seh ich dir an. ich will nichts wissen von ihm, nichts, lass mich in ruhe". ich dachte garnicht daran, ihm vom maler zu erzählen. "ich will auch nichts von ihm wissen, im moment", schränkte ich ein, "aber so hat er mich nicht erschreckt", log ich. aber was ging das den kleinen kerl an, den ich zum ersten mal sah. "kleinkerl", rief es. frau dürr suchte ihn. er sah weiter böse drein und ging. ich wartete einen moment und folgte. in der diele trug frau dürr die kartoffeln zum speiseraum. so ergab es sich von selbst, das ich bald auf meinem platz neben dem könig saß, mir gegenüber kleinkerl. frau dürr zog es vor allein zu speisen.


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das bad war besetzt. kleinkerl kämmt gerade die haare über die abgesägten hörner, die ihm der könig mit einer feile kurz hielt und mit bims fein nachschlief. "ein tropfen öl, kann nicht schaden", kleinkerl kämmte das haar noch einmal beiseite und polierte sorgfältig, was einmal zum ziegenbock gehörte. ich spähte zum oberlicht hinein und erwischte kleinkerl bevor er das haar das zweite mal heute morgen über die verbliebenen huppel kämmte. er schien unzufrieden, denn trotz dem haar darüber, sah man die beulen. der arme teufel, muss er wohl wieder unter die feile. kleinkerl sah ein, das es sich nicht besser verbergen lies und legte den kamm beiseite. "na! hast du alles gesehen?", raunzte er beim rausgehen,  "wenn du mich verpfeifst, trete ich dir in den hintern!". er grimassierte heftig, fand aber inmitten der grimassen keine die er behielt. sein gesicht nahm einen teilnahmslosen ausdruck an. er hatte es satt mit den blicken. "muss ich denn immer herausschauen, kann mir nicht mal jemand in die augen schauen?". als es so teilnahmslos dastand, fast traurig, da schaute ich ihm in die augen. er hatte tiefgrüne augen. "was schauts du mir in die augen, willst du mich einschläfern?". "ich habe dich gerade aufgeweckt, du warst schon dabei wieder einzuschlafen. willst du nicht nochmal ins bad zurück und eine kalte dusche nehmen?". das wollte er nicht und wischte mit der hand durch die luft. er lies mich stehen und verschwand. ich nahm dann die kalte dusche und schlüpfte in die wäsche. zum frühstück erschien ich nicht. ich konnte mir beim hinausgehen ein brötchen aus dem korb angeln. draußen war es garnicht mehr ruhig. von überall ein klingklang von metall. dazwischen laute stimmen, die sich zu einem gewirr von worten und silben verwoben. namen, rufen, lachen, auch bellen, wiehern und zwitschern waren dazwischen. ich trat unter die leute und war in der menge aufgenommen. das hämmern kam aus den vielen offenen werkstätten zwischen den häusern. "hier wird umgemünzt", warben sie ihrer kundschaft entgegen. zeichner und fotografen waren dabei die entwürfe zu fertigen. ich erkundigte mich, wie ich zu meiner münze käme. das haus, wo die münzen ausgeteilt wurden, lag inmitten der werkstätten. es gab aber keinen tresen, sondern nur viele tische. ich nahm platz und las die auf dem tisch erscheinde anweisung durch. ich zog den schein, den mir der buchhalter gegeben hatte, hervor und legt ihn, wie beschrieben, auf die fläche. daraufhin erschien eine freundlicher avatar auf der scheibe und verkündete, "ich begrüsse dich und erfülle deinen wunsch nach münzen gern", dem fügte er ein paar gereimte phrasen hinzu, die zur erheiterung gemeint waren, und kicherte den rest der ansprache. am schluss teilte er mir mit, das der schein des buchhalters nicht mehr galt, aber, da strahlte er, nur deshalb, weil garkein schein mehr gefordert wurde. alle münzen bekam jeder jetzt selbstverständlich, so wie er sie brauchte. für besonders grosse mengen ständen pferd und wagen bereit. ich brauchte weder pferd, noch wagen, sondern wählte die kleinste menge, die zur verfügung stand. ich wollte mich nicht belasten und die taschen meiner einzigen jacke nicht strapazieren. zum ummünzen bekam ich ratschläge. die münzen waren nur auf einer seite geprägt. die   andere seite sollte ich in einer der werkstätten fertigen lassen.  ich entschied mich für besonders leichte und dünne münzen. obwohl ich der nächsten werkstatt vertraute, wollte ich erst einmal etwas herumschauen. ich beobachtete das vorgehen, bis ich es verstand. schließlich trat ich in eine freie werkstatt. ich reichte meine münzen herüber und nahm platz. "leichte münzen zum fügen", riefe er dem, der es machen sollte, zu. er fragte mich, ob ich gezeichnet oder fotografiert werden  wolle. ich wollte gezeichnet werden und der zeichner war schon zur stelle. er blieb beim zeichnen stehen und war im handumdrehen fertig. mit seiner zeichung war ich zufrieden, hielt mir aber zur überprüfung noch einmal den spiegel vor. ja das war ich. das gravieren und zusammenfügen der münzen sollte gleich erfolgen, doch man erbat sich etwas zeit und schickte mich für eine weile fort. 


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frau dürr nahm meine münze und legte sie in den kasten. "gehen sie ruhig in den garten. der könig fragte schon nach ihnen. er ist nicht gern allein. kleinkerl hüpft zwar immer um ihn herum, aber der narr allein macht ihn nicht froh". "wo ist den sein königreich? ist es weit dorthin? warum ist er hier? hat er abgedankt?" frau dürr zögerte. "fragen sie bitte den könig selbst. ich plaudere nicht über meine gäste". im garten lag der könig in der hängematte. kleinkerl wedelte mit dem fächer. ich stand abseits und lauschte den vögeln, die viel zu erzählen hatten. aber ich verstand es nicht. "auch nur geschwätzt", dachte ich. kleinkerl beobachte mich aufmerksam, während er fleißig fächerte. der könig schlief. kleinkerl beugte sich über ihn und schaffte es, ihm die krone von kopf zu nehmen, ohne ihn zu wecken. er hielt sie hoch und setzte sie auf. er wackelte heftig, ohne das sie ihm vom kopf fiel. "passt!" rief er, hielt dann den finger vor die lippen, "ruhe! der könig schläft". er kam zu mir rüber. "nicht übel" und fasste mit beiden händen die krone, lupfte sie und setzte sie ganz langsam zurück. die passenden worte zur krönung fielen ihm nicht ein, so sagte er nocheinmal "passt". er griff meine hand und er war gleich das kind, das ich durch den garten führen soll, um ihm die welt zu zeigen. er lies los und war wieder kleinkerl. "kleinkerl, wo sind eigentlich die kinder?". das lies er sich nicht gefallen. "bist du dumm?", schrie er mich an. er drehte sich weg, ging in die knie und hielt sich beide hände vors gesicht. wütend sprang er an mir hoch und schaffte es mich umzuwerfen. auf dem boden liegend drehte er mir die nase um. "au", schrie ich, "au". ich sah sterne und dann kinder. sie standen mit frau dürr um mich herum. "zuviel sonne", sagte frau dürr, die mir mit einem  feuchten tuch auf die stirn tupfte. "oder zuviel maibowle", kicherte kleinkerl. er hielt mir den durch die finger gesteckten daumen vor. "bin ich nicht ein naseweis" sang er. er sang einen tiefen bass, konnte aber auch die tonleiter hinauf. frau dürr duldete aber nur die tiefen töne. "kleinkerl, nicht so schrill", rief sie und hielt sich die ohren zu. mir kamen die sinne zurück und frau dürr erschien mir viel jünger als gestern. kleinkerl sang nun: "mit jedem tag wird man jünger und jünger". ihm fiel kein reim ein und so wiederholte er "jünger" solange, daß auch ich mich wieder jung fühlte. frau dürr bat kleinkerl mir aufzuhelfen und verbot ihm mich wieder zu schubsen. "er hat die kinder nicht gesehen!", empörte er sich wieder, bekam aber keinen wutanfall mehr. die kinder sprangen wieder herum und hörten mit dem spielen nicht auf. der könig war wach und umfasste mit beiden händen meine hand und drueckte sie kräftig. "schön, daß es ihnen wieder gut geht! so eine ohnmacht, macht einen doch sehr blass. aber nun ist er wieder unter uns!" dabei zwickte er mir in die backe und lobte die röte. "kommen sie!, setzen sie sich in den schatten". er ging voran und führte mich in die laube. die maibowle wurde frisch gebracht und die kinder bekamen wackelpudding.


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kleinkerl durfte die krone behalten. der könig war froh, daß seine frau mit den kindern gekommen war. ab jetzt sollte man ihn herr könig ansprechen. bei tisch saß er nun mit seinen zehn kinder und seiner frau wieder beisammen. nur kleinkerl durfte nicht mehr an die tafel. er leistete dafür frau dürr gesellschaft. die krone konnte er aufbehalten. frau dürr mochte ihren goldenen schimmer im kerzenschein. bald war eine woche vergangen und noch eine. an dem morgen kam frau dürr fröhlich an die tafel, machte beim austeilen komplimente und scherzte mit den kindern. es war nicht zu übersehen, sie war jünger geworden. ihr haare waren kastanienbraun und glänzten. ihre augen leuchteten und blitzen, wenn sie lachte. ich war gern in ihrer nähe und dachte mir, sie ist die richtige. als ich ihr flieder aus dem garten brachte, holte sie gleich eine vase. sie richtete die zweige und gab mir einen kuß auf die wange. meine haare waren nicht mehr weiß. auch ich war ohne jeden zweifel dabei, immer jünger zu werden. ich machte mir keine gedanken, ich war ja verliebt. wenn ich abends an der weinbehangenen pergola im garten stand und ins weite land blickte, dachte ich, "wenn sie doch nur neben mir stände". der garten endete hier an der brüstung. dahinter fiel die böschung steil ab. tief unten lag ein kleines haus. "da wohnt die familie nolte", sagte sie. da stand sie neben mir und ich legte meinen arm um ihre schulter. ich fragte nicht nach, sondern blickte hinunter und sah, daß dort vor dem haus im hof ein kind saß. offensichtlich redete es auf den hahn ein, der aufgeplustert vor ihm stand. wir sahen uns an und schauten noch eine weile, was sich dort unten täte. danach folgten ein paar wochen des innigen glücks. ich schlief in ihren armen und wachte in ihren armen auf. dann aber wurde ich wieder jünger. sie aber nicht. als sie merkte, das ich ein knabe wurde, mied sie mein bett und zog sich zurück. nach tagen der verwirrung koste sie mich, wie eine mutter und ich blieb bei ihr am tisch. dafür wurde kleinkerl nun wieder an die tafel gesetzt. er war es gewohnt herumgeschickt zu werden und zahlte mit schabernack, auf den ein wutanfall folgten konnte. herr koenig wußte jedoch mit ihm umzugehen und mit den kindern verstand er sich ja. ich wurde immer jünger und wußte nun nicht mehr, daß frau dürr nicht meine mutter wahr. ich versank erneut im glück, wenn ich in ihren schoß lag. da geschah das unglück, daß frau dürr in das alter, das sie eigentlich hatte, zurückfiel. da war sie nicht mehr in der lage mich zu behalten. ich hatte das kleinkindalter, als ich schon gehen konnte, verlassen und krabbelte nun über das parkett. frau dürr faßte den entschluß mich fortzugeben. die übrigen gäste hatten die wandlungen mit interesse verfolgt und hingenommen. frau könig las den fortsetzungsroman, der täglich in der tageszeitung erschien, mit grosser anteilsnahme und fühlte sich gut unterhalten. herr könig scheute, ihr ins gewissen zu reden. sicher hätte er, wenn es nach ihm ginge, mich in seine kinderschar aufgenommen. so wurde ich, als wieder einmal die gemüsefrau heraufgestiegen war und ihre kötze geleert hatte, dahinein gelegt. frau dürr schneuzte ins taschentuch und bat die frau mich vorsichtig hinabzutragen. nun kam ich hinunter ins häuschen zu familie nolte, das sie mir einst, als wir beide gleich jung waren und verliebt im garten standen, zeigte. ich kam zu dem knaben, den ich gesehen hatte, als er mit dem hahn zu reden schien, und wurde sein bruder.


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"marie, der hase läuft ins feld! marie, der jäger schiesst! marie, nun mach die augen auf, die schlüsselblumen blühen". ich streckte die ärmchen und wollte raus aus der kötze. marie verschwand mit mir auf dem rücken im keller, die treppe hinab und den gang entlang, an den verschlägen vorbei zu dem ausgang. trübes gelbes licht, schreiender affe, unhörbare fledermaus. die wände gemauert. roter klinker. die wendeschleife nach rechts oder links gehen? egal. gleichweit. keine fuhrwerke unterwegs. marie ging rechts herum. es wird wohl eine halbe stunde dauern, bis sie mich durch den tunnel nach unten getragen hat und wieder ans tageslicht tritt. wir trotteten. marie trottete. der korb hüpfte. ich schaute über den rand. wir waren immer noch unter dem garten. die böschung ist länger und steil. jetzt ging es leicht bergab und weiter ging der weg krumm dahin. ruhebänke unter luftschächten wiederholten sich. ratterndes flatterndes schepperndes blech. husten. marie griff nicht nach hinten. hielt nicht meine hand. der korb wurd enger. "marie, mir ist eng!", ich ragte schon über den rand. marie summte das lied. "das kind wird schwerer, die last ist groß". ich wuchs weiter und würde bald fallen oder mich an maries schultern krallen. marie summte weiter das lied. marie stöhnte, "oh wie schwer ist der korb. ich werde pausieren". vor der bank blieb sie stehen, setzte die kötze darauf und schlüpfte aus dem gurt. ich hielt mich an der wand fest. marie drehte sich um und suchte das kind. "gib es her!", flehte sie mich an. "mach solche scherze nicht, du böser, das kind ist doch klein". ich stieg aus der kötze. "marie, ich bin es doch. vom schütteln gewachsen während des gehens". marie schaute mich an. "zum gruseln habe ich keine zeit. du steigst aus der kötze und verschwunden ist das kleine". "marie, ich wachse. komm lass uns ruhen". marie setzte sich zu mir auf die bank. "noch nie wuchs ein kind so schnell in die höhe. wie nennt man dich denn?". "ach marie, nun schweig!". wir saßen nebeneinander im dunkelen zug. unter jeder laterne erschien ich ihr älter. "marie, oma 'rie, erkennst du mich jetzt? der kleine ist fort. der hahn ist tot. du standst in der tür, mit offenem haar"  marie wollte schnell heim zu dem kleinen. der zug hielt an und zischte. marie nahm die kötze und rannte. "marie, bald komme ich nach!". marie trat ins helle und kam auf den hof. die sonne schien. die schlüsselblumen blühten. der kleine sprach zu dem hahn. marie ging ins haus und schaute in die kötze. sie kochte opa den kaffee und seufzte auf dem sofa. sie wird nichts erzählen.