Mittwoch, 6. August 2014

98. fortsetzung " nirgendwo "


ich merkte schnell, daß ich hier fremd war. bisher hatte ich glück und gönner, die dafür sorgten, daß ich vorankam. meine langsamkeit war mir nie zum verhängnis geworden. nun mahnte man mich schon beim empfang zur eile. ich war verspätet. lange hatte ich in den gängen des sanatoriums herumgesessen, ohne daß man mich zu ihm gelassen hatte.   so habe ich gerdchen vater immer noch nicht zu gesicht bekommen. einmal, als ich gerdchen beobachtet, fragte ich mich, wie es ihm wohl ginge, wenn er eines tages abgeholt würde, von dem fremden mann mit dem kaugummi im mund. nun sollte ich einen jungen mann treffen, gerade mal erwachsen geworden, so konnte ich ihn mir nicht vorstellen damals. gerdchen sitzt seit ein paar wochen auf der schulbank und sein junger vater, von dem er nichts weiß, im irrenhaus. ich ging wieder, denn man ließ mich nicht vor, gab keine gründe an, bat mich zu gehen. frau palmeri sagte mir zu, sie würde sich weiter um ihn kümmern und mir berichten, wenn etwas geschähe. ich eilte zum theater und meldete mich an der pforte. der pförtner drängt mich zur eile. schnell auf die bühne. leseprobe. begrüßung nicht. ruhe. regisseur schlecht gelaunt. ich ohne text. und im falschen stück. hier nun der mantel. aber kein kind. pause. das bühnenbild lediglich kunstrasen. noch so ein gemecker und das war's dann. ich schlich von der probebühne und schloß mich in der toilette ein. erst mal sammeln, punktkaro, flüsterte ich mit mir, schließlich mußt du blühen, erbärmlicher kaktus, laß dich nur nicht herumschieben. ich ging dann zum direktor, was anderes gab es hier nicht, einfach einen direktor, als wäre es eine magerinenfabrik. soll mir recht sein. freie hand, ja das werde ich verlangen. brauchte ich nicht. bekam ich auch so. "sie... mein lieber punkt karo! willkommen...und alles fein? na ihnen brauch ich ja nichts zu sagen. sie wissen ja, wie der hase läuft. haben schließlich auf dem feld gelegen und erbsen gestreut...ha!ha!...ha!". das er mich daran erinnert, an den buchhalter. eine ähnlichkeit aber, hatte er nicht. war ein langer lulatsch. ist auch egal. ich war erst einmal froh, die füsse hochlegen zu können. er erwartete nichts. es genügte ihm, daß ich da war und er war sicher, so sagte er, mir würde schon etwas einfallen. mit einfallen meinte er wohl ein stück, eine inszenierung, denn für eine rolle war nicht vorgesehen. ein operette könnte ich ihm schon liefern. wollte immer mal eine operette, selbst wenn es doch wieder nicht reicht, humor und gehüpf, kann ja immer noch als oper durchgehen. oder gleich oper, wenn es dann doch eine operette wird, um so besser.  "na, dann gehen sie erst mal ausschlafen, lieber punkt karo, war eine lange fahrt, wie ich hörte und wird schon werden, ja, ja, bin ich mir sicher". das war wohl das ende seines auftrittes. er sagte nichts mehr, sondern rutschte auf die kante, lehnte sich zurück und starrte an die decke, an der sich ein ventilator befand, der sich nicht drehte, obwohl er sollte, denn es war heiß und stickig hier.


regisseur schlecht gelaunt. 
ich ohne text. 
und im falschen stück. 
hier nun der mantel. aber kein kind. pause.