Samstag, 23. August 2014

101. fortsetzung " nirgendwo "


der trost der rhabarberin schien heute nicht zu fruchten, so sehr ich es mir auch wünschte. es gelang mir nicht, in den kahn zu steigen, und ins andere gefilde treiben zu lassen. ich schlief nicht ein. der kalte leere raum gaffte in mich hinein und lies noch kälter werden. kann es sein, das die liebe nur einmal vorbeischaut und dann nie wieder. eine weiße oblate taucht auf und zerbrach. sie war zerronnen, diese zeit. und diese zeit war stumm. es gab keinen takt darin. sie ergab sich. breitete sich aus und verschwand in der wand. ich warf die decke beiseite und stand auf, holte mir den stuhl und legte die beine aufs bett. war denn sonst niemand in diesem  haus? als am nachmittag frau palmeri mich schnatternd hierherbegleitet hatte und auch hier oben weiterschnatterte, tat sie das, die selbst niemals hier eingezogen wäre, um den kahlen dielen und schlecht gestrichenen wänden etwas lebendiges zu geben. nun war sie fort und alles jammerte. ich entschloss mich, obwohl es tiefe nacht war, durchs haus  zu gehen und mir etwas tee und zucker zu borgen, so wie es üblich ist unter nachbarn. es machte mir nichts aus, nachts zu klingeln und zu lauschen, ob sich jemand regt. ich begann gegenüber, nachdem ich das licht im treppenhaus angeknipst hatte. john tod, stand dort auf dem türschild und ich klopfte. ein licht war an. das schien gelb durch die geriffelte türscheibe. ich klopfte gegen die scheibe, schlug mit dem knöchel einen takt und trommelte mit den fingerkuppen hinterher. ich wollte den nachbarn unbedingt herauslocken. nach einer weile, ich hatte immer wieder pausen eingelegt, um dann einen neuen takt zu morsen, da rührte sich etwas. es stand jemand hinter der tür. john tod öffnete und stand mir gegenüber. er hielt die tür auf und der andere arm hing neben seiner hose, die seine beine verbarg und stattdessen selbst dastand, ein krummes tor und darüber der leib, der darauf gehalten wurde, sonst wäre er mit einem plumps herabgefallen. dann der kopf, der mich aus den augen ansah. er blickte einfach auf mich, wie auf etwas, das gerade anzuschauen war. er beeilte sich nicht damit. was ich erwarten konnte, fand ich nicht. seine augen sahen mich an und ich wußte, daß sie mich prüften, aber sie blieben lauernd in ihren augenhöhlen, blitzen nicht einmal auf, verengten sich nicht und wichen meinem blick nie aus. sie sahen ständig auf mich und schwiegen dazu. "hallo john, haben sie etwas tee für mich?", fragte ich ihn,"... und zucker?". er ließ wortlos die tür aus der hand und ging voran. ich wartete auf der schwelle, aber als er sich noch einemal umwandte, wußte ich, daß ich ihm folgen sollte. er bot mir platz an und verschwand. es klapperte nebenan und aus den geräuschen entnahm ich, daß er mich anders verstanden hatte. er war dabei, hier den tee zuzubereiten, statt mir welchen zu borgen. ich hatte platz in einem bequemen sessel und sah mich um. der ofen war gut eingeheizt und auf dem tisch neben dem anderen sessel lagen mehrere blätter mit zeichnungen, die john wohl gerade angesehen hatte. als ich mich vorbeugte, sah ich auch einen block und buntstifte. ich hatte john beim zeichen gestört. ich nahm mir das oberste blatt zur hand und betrachtete es. es war farblich angenehm in warmen rottönen gehalten, leicht erdige töne, außer dem blaßen rosa. er schien sich mit perspektive und damit mit weiten räumen zu beschäftigen, mit mauern und strassen durchzogen, die in eine richtung führten, wenn man ihnen folgte. ins unbekannte. das was sie aber bereithielten und vorzeigten waren körperteile. die lagen in geordneter weise dort abgelegt und waren voneinander getrennt. ich blickte auf den torso und rätselte, weshalb auch der rest anwesend war. da waren die beine vom körper getrennt und der kopf und die arme. alle teile waren im gleichen rosa gemalt, das vor den wärmeren  farben blass auffiel. es war dieses rosa mit dem schweinchen in den bunten comics ausgemalt waren. hier war aber der körper ein mensch. john kam zurück und brachte den tee für mich. er goß sich whisky nach und trank mit einem schluck, als würde er durst haben. er sah mich nicht anders an, als vorher. wir beide wußten, ohne daß wir es ausgetauscht hatten, seine blicke verrieten ja nichts, trotzdem bescheid. er hatte die zeichnungen nicht erfunden. ich nahm die anderen auf. alle diese zerteilten körper waren so dargestellt, das sie ruhe gaben. ich war ganz gebannt von der kraft, die aus den zeichnungen hervorkam. die blätter drückten eine große ruhe aus. dann reichte er mir, als ich ihn fragte, den block mit der begonnenen zeichnung, und ich sah einen, der raste vor wut und hackte mit einem beil nach einer frau. diese farben brannten wie loderndes feuer. ich sah zu ihm hoch und ganz kurz, wirklich nur eine sekunde, spiegelten seine augen diese wut, diesen haß. wir saßen gegenüber und redeten nicht. es gab nichts, das uns verband. wir wurden zurückgehalten und trotzdem gezeigt. "sieh, punktkaro, das ist john der mörder!". john hatte den block beiseitegelegt und ich die zeichnungen. er trank seinen whsky. ich trank meinen tee. "hilfst du mir?", fragte er und ich fragte ihn, "wobei?". "tragen", sagte er und zeigte auf die taschen an der wand. wir standen beide gleichzeitig auf. er nahm zwei taschen und ich eine. die tür fiel hinter uns zu und unsere schritte hallten im haus. auf der strasse ging er voran und ich hinterher. es dauerte nicht sehr lang bis zum kanal. john stellte die taschen ab und ich auch. er warf sie ins wasser, das dreimal dieses geräusch machte. er ging ohne sich umzusehen und ich wußte, er wird nicht mehr zurückkommen, mein nachbar.


dann reichte er mir, als ich ihn fragte, den block mit der begonnenen zeichnung, und ich sah einen, der raste vor wut und hackte mit einem beil