Mittwoch, 3. September 2014

104. fortsetzung " nirgendwo "


der polizeiwagen mußte einen umweg nehmen, da auf der hauptstraße, ein heiliger, ein guru, der auf einem blumengeschmückten lastwagen thronte, gefolgt von einer singenden menge, die straße sperrte. "gut so, das heilt", dachte ich und konnte die prozession eine weile beobachten. wir fuhren auf einer nebenstrasse, von der man hinübersehen konnte. die laternenmasten wirkten wie taktstriche, der gesang ebbte auf und ab, von der andern seite klang ein echo. die durchsage, die der fahrer unverschlüsselt erhielt und die ich mithören konnte, klang beunruhigend. alle polizeiwagen waren zur grenzsicherung abkommandiert. der feind griff an und es war höchste not. ich, der ich keine partei nehmen konnte, da ich hier fremd war, den krieg aber fürchtete, saß gefesselt auf dem rücksitz. "wo soll ich nun hin?", dachte ich. der wagen hielt schon am revier.  wir hatten die stadt hinter uns gelassen. das haus stand allein. dahinter staffelten sich felder unter den krähen. ich wurde schnell herausgeholt und hineingebracht. sie hatten mich vor den tresen gesetzt und eilten davon. ein dickleibiger polizist saß dahinter, fragte mich nichts und sagte auch nichts. "da werde ich wohl hier warten müssen", raunte ich und war froh daß sie mir die arme nicht hinter den rücken gebunden hatten. so konnte ich es mir bequem machen und streckte die beine aus. ich verbrachte die zeit damit, den dicken zu beobachten. allmählich verspürte ich hunger. "ich habe hunger. kann ich etwas zu essen haben?", fragte ich. eine antwortet bekam nicht. als wäre der raum mein gegenüber und die person nur staffage, achtete ich auf jedes geräusch. manchmal schlug ein fensterflügel und ein wind pustete über den tisch, wirbelte alles auf und schüttelte das blümchen, das dort stand. gerade war es gegossen worden. endlich sprach er etwas,  "alles was du haben kannst, ist tee und hier ist noch russisches brot, das ist alles". er brachte mir einen napf damit, eine tasse tee und nahm mir die handschellen ab.  ich bedankte mich freundlich und lobte das russische brot, das ich jahrelang nicht mehr geknabbert hatte. "knochenhart!", erinnerte ich mich, "musst es in den tee ducken" schien er zu sagen, als er mich beobachtete  und freundlich nickend bestätigte, daß ich es richtig machte. ich nuckelt am süßen harten brot herum und schlürfte heißen tee, mit beiden händen. "punkt zwölfe!", die uhr zeigte es an, quakte der lautsprecher an der wand, ein dahingesprochener appell, gealtert, wie das band von dem er abgespielt wurde, dann folgte ein das lied. der dicke stand stramm und wartete bis zum ende, obwohl keiner da war, der ihn verpetzen konnte, sollte er es versäumen, zu salutieren. "es wird ihm eine herzensangelegenheit sein, er scheint ein wahrer patriot zu sein", dachte ich und blieb ernst, um mir seine gunst zu erhalten, erhoffte ich mir doch weiterhin gute behandlung.





manchmal schlug ein fensterflügel und ein wind pustete über den tisch