Mittwoch, 26. Juni 2013

53. fortsetzung "nirgendwo"


die ladestation war erschöpft. kleinkerl hatte sie geplündert. seine lampe war unersättlich. im letzten moment sprang er  an land. die station verabschiedete sich ohne trara mit dem unwirschen gezwitscher, aus dem schnabel des schwanes, der sie begleitete. kleinkerl steckte die lampe in den sack und schnallte ihn um. "wenn ich umkehre, wie lange dauert es, zurück?". "umkehren geht nicht, zurück geht nicht", sagte er und sah an mir vorbei, blieb stehen, sah nach unten und sah mich nach einer weile doch an, "wenn du zurück gehst, endet die allee bald und du fällst in den abgrund", sagte er ruhig, "es geht nur voran". "aber wie weit und wohin, ich wollte zurück und du hast mich auf diesen weg gebracht, aber der führt nicht zurück". "sag ich doch, zurück geht nicht", beharrte er, ohne auf den vorwurf weiter einzugehen. wir gingen weiter und ich dachte, "es wird wohl besser sein, wenn ich mir keine hoffnung mehr mache bald heimzukehren". da fiel mir ein, "wenn die rhabarberinnen schon abgereist sind, vielleicht führt sie dann ihre nächste inspektion hierhoch, immerhin ist das ja auch nicht in ordnung, was kleinkerl da treibt". der gedanke machte mir mut und ich wollte schon ein lied summen, eins das ich auf die rhabarberinnen gedichtet hätte, da kam  uns eine gestalt entgegen, die schon von weitem nicht die holde sein konnte, zu traurig schlürfte sie dahin, in die kutte gehüllt, am stabe, blind und sie hielt die hand zum betteln ausgestreckt, die ganze zeit, obwohl keiner da war der etwas geben könnte. als der bettler fast bei uns war, sah ich das die ausgestreckte hand ein großes rundes loch hatte. "der arme", sagte ich zu kleinkerl, "selbst wenn man ihm etwas gibt, fällt es hindurch".der bettler ging vorbei, als bemerke er uns nicht. ich sah ihm nach und wollte ihm nachrufen. wenn es stimmte, daß die strasse nicht zurück führt, wieso war er nicht längst hinabgestürzt. log kleinkerl mich an? ich wollte es wissen und drehte mich um. "laß das nur", sagte kleinkerl, "du bist nicht er, du wirst nicht weiterkommen, als bis zum zehnten baum. aber bitte halt die augen offen und dreh am abgrund um". ich wollte es nachprüfen. als ich zum zehnten baum kam, sah ich den bettler nicht mehr. ich hatte die strasse im auge behalten. sie endetet tatsächlich, als wäre sie abgebrochen. da unten war nichts zu sehen. kein gewand, das den abgestürzten umflattert, es war alles schwarz. ich drehte mich wieder um und erschrak vor dem bettler, der mich direkt in die augen sah. wie das? er hielt mir die hand so fordernd entgegen, das ich eine münze aus der tasche kramte und sie ihm in die hand gab, wo sie durch das loch fiel, endlos lange fiel. er hielt mich die ganze zeit im auge und so warf ich noch eine münze, und noch eine, da schaute ein wiesel aus dem loch und hielt eine münze im maul. der bettler verwandelte  sich in einen schwarzen schwan. das war der zweite schwan heute, er flog aber anders, er flog mit kräftigen schlägen ganz ruhig davon. ohne noch einmal nach unten sehen, ging ich zu kleinkerl zurück. als wir ein weile gegangen waren, rückten die bäume zusammen und das straßenpflaster endete. die allee war nun ein fußweg geworden. "es ist nicht mehr weit", sagte kleinkerl, "man kann sie schon hören". das erste was ich hörte, war das rauschen in den pappeln, in denen es bisher ja totenstill war. dann schien es, als unterhielten sich viele durcheinander. es war aber niemand zu sehen. und als das durcheinanderreden ebenso plötzlich endete, folgten andere klänge, wie wolken, es murmelte, oder raunte, da jammerte es, dann eine hüstelnde wolke, so ging das eine ganze weile, ohne das etwas geschah. "wir sind da", sagte kleinkerl und gab der letzten pappel einen klapps. "wo sind wir? ich sehe nichts". hinter den letzten bäumen wabberte nebel. kleinkerl faßte mich und wir stiegen in die wiese. der nebel war nicht feucht und kühl war es auch nicht. kleinkerl zog mich plötzlich zu boden und wir lagen beide auf dem rücken im gras, mit der nasenspitze unter der nebeldecke. 

"er hielt mir die hand so fordernd entgegen,
das ich eine münze aus der tasche kramte
und sie ihm in die hand gab, wo sie durch das loch fiel"