Donnerstag, 13. Juni 2013

51. fortsetzung "nirgendwo"


nach jeder signatur wurde gemessen. "ha! schon wieder im stall gelandet" oder "was willst du den in der kirche?" oder "in dem bett hast du nichts zu suchen!". trieben sie es zu weit, nahm ihnen der lehrer die farbe fort und sie konnten nur noch zusehen. eine signatur führte zu einem einsiedler, den der  teufel besuchte, deshalb ja, aber das wußte der einsiedler nicht. die signaturen nutzen die teufel von beginn ihres erscheinens an. nichts ist dem teufel fremder, als eine öffentliche strasse zu benutzen. sie übertreffen sich in der wahl verschlungener pfade, auf denen sie ohne langeweile, mal hier und schon wieder dort, erscheinen können. obwohl die signaturen nur in dem raum, den der pinsel erreichen kann, ohne erneut farbe aufzunehmen, erscheinen, gelten sie doch darüber hinaus. einmal betreten führen sie weiter. sie sind wie alleen hoch über dem grund, wie stege an den wolken vorbei, auf denen langsam gegangen wird, eile ist nicht von nöten, den der raum bewegt sich unter dem pfad hindurch, ja, der pfad ist ein ruhiger sicherer ort, der zum verweilen einlädt. bleibt man stehen, erscheint auch der raum unbewegt. der weg kann auch hinaus in die sterne führen, selbst dann bleibt die allee gesäumt von den bäumen und die stege behalten ihre handläufe. manchmal geht es durch treppenhäuser. die stunde war vorbei und der lehrer sammelte die farbeimer ein. "geht und kommt wieder", verabschiedete er die schüler und wies auf den ausgang, den wir nacheinander betreten sollten. zum heimkommen genügte es "nach hause!" oder "zurück!" zu sagen und dann die glocke abzuwarten. ich hatte während der stunde nur einmal den pinsel eingetaucht und beim malen merkte ich, wie schwer es mir fiel, die vorgedachte bewegung, wirklich auszuführen. mir gelang ein viertel radius, dann rutsche der pinsel stotternd ab und war plötzlich so langsam, das er tropfte. der lehrer lobte mich trotzallem, obwohl ich glaubte nichts ereicht zu haben. "doch, das ist schon ein weg", sagte er, "sogar ein versonnener, du kommst an den teich zu den enten damit, zum füttern". ausprobieren durften wir die wege nicht. vor der tür der reisekammer standen die teufel schlange. kleinkerl knuffte mich, "willst du mit? ich kenne einen besseren weg. ist doch langweilig mit den türen. kann ja jeder reisen. und sieht nichts. erlebt nichts. tür auf tür zu". ich wollte schnell zurück. "ob die rahaberinnen schon fertig sind? und wenn sie abgereist sind? oh nein". ich mochte sie noch einmal sehen. kleinkerl merkte, das ich am liebsten zur tür gestürmt wäre und vielleicht hätten die teufel mir sogar vortritt gelassen, denn liebesgeschichte rührten sie sehr. also versuchte er mein vertrauen in den weg durch die reisekammer zu erschüttern, indem er sie schlecht machte. "du hast ja selbst gesehen", sagte er mit bedenklicher ernster miene, "du hast doch den maler gesehen, ganz klein und nackt hat er in deinem ohr gesessen, was meinst du warum? der buchhalter hat ihm die reisekammer vorführen wollen und das ding war kaputt. statt zu reisen gings im sturzflug in frau dürrs gute stube, immer kleiner, immer kleiner, und dann klebten sie schon am fliegenfänger". das hatte der maler mir nicht erzählt. wäre aber denkbar. kleinkerl nutzte meinen aufkommenden zweifel an der zuverlässigkeit der reisekammer und griff in die tasche. er hatte eine taschenlampe in der hand. er zwinkerte mir zu und prahlte, "weisst du, ich brauche keine farbe. ich mach das mit licht". er fasste die lampe mit beiden händen und schwang sie durch die luft, wie eben die pinsel. es blieb aber nichts sichtbares zurück. "braucht's auch nicht", erriet er meinen gedanken. "es reicht, daß ich es mir gemerkt habe. ich habe ein gutes gedächtnis und ein empfindliches auge". er hatte mich an die  hand gepackt und zog mich mit einem ruck auf die lichtspur. da waren wir auf einer pappelallee. es pfiff ein wind und blätter wehten herab. "wird herbst sein hier", murrte kleinkerl und wickelte sich den schal um den hals. "du meinst, wir kommen hier zur pension zurück". "na klar, mache nur einen kleinen umweg. hab' letzes mal was liegen lassen. mal sehen ob noch da ist". da der mond aufging und kleinkerl mir einen mantel besorgte, fand ich es nun doch schön hier zu spazieren.

"da der mond aufging
 und kleinkerl mir einen mantel besorgte,
fand ich es nun doch schön hier zu spazieren."