Sonntag, 9. Juni 2013

49. fortsetzung "nirgendwo"


im kasten wagten es die zigarren nicht in rauch aufzugehen. wenigstens sie hielten ihren kostbaren leib, umhüllt vom besten deckblatt und der prächtigen banderole, gefasst, waren charakterstark, wie sich schon die rhabarberstauden erwiesen hatten, und sagten untereinander, "wir doch nicht!". neben dem kasten klapperte der verschluss der karaffe. ich goß mir aber kein glas ein, sondern zog die hand zurück auf die sesselkante. ich sollte ja unter der decke im bett sein, eigentlich, aber wie ich nun bin, ich gehorche nicht. so dachte ich mir, ich könnte doch in ruhe in der bibliothek ausharren. ich saß mit ausgestreckten beinen und sah das mondlicht teile des raumes in helleres licht tauchen. mitten in meinem blickfeld hing von dem kronleuchter ein fliegenfänger herab. der honig glänzte und ich dachte an die see und bernsteine im kalten wasser nach einer stürmischen nacht. als ich so gebannt auf den fliegenfänger sah, fiel mir auf, das neben einer toten brumme etwas zappelte, ein käfer vielleicht, der an seinen harten flügeln klebte und nun versuchte freizukommen. der hing also zwischen den schwarzen fliegen, die ich nicht mochte, mich immer wieder, wenn mich eine im sturzflug angriff, zwingen musste, nicht nach ihr zu schlagen. zwischen diesen biestern hing wahrscheinlich ein hilfloser glänzender käfer. ich ging hinüber und sah aus der nähe hinauf. aber da hing ein mensch und der hielt noch einen anderen am kragen fest. ich zupfte den, der abzustürzen drohte, aus der hand des angeleimten, konnte ihn aber garnicht halten, weil er so unglaublich schwer wurde. so fiel er auf den boden und da stand auch schon der buchhalter neben mir. "tut mir leid!, jungchen, hast dir hoffentlich die hand nicht verstaucht. hier geht's drunter und drüber. da oben hängt der maler fest. ich will sehen, ob ich ihn freibekomme. hilf mir mal!". er sah sich um. "ich brauch etwas zum schaben, nicht zu scharf und nicht zu stumpf. vielleicht ein messer. geh mal zum besteckkasten und nimm ein rundes buttermesser heraus". ich ging um die ecke und griff mir ein messer, das sonst beim frühstück auf dem tisch lag, und reichte es dem buchhalter, der schon den fliegenfänger in der luft hielt und sorgenvoll auf den festgeklebten schaute. der schien gefasst. er hielt jedenfalls arme und beine still. in der hand hielt er noch die jacke des buchhalters, die ihm nun nicht mehr passte. "ich werde dich schon abbekommen" flüsterte der buchhalter, immerhin waren das jetzt winzige ohren, die hören sollten, wie es weiterging. "hilf mir, und halt das mal hoch!". er übergab mir den fliegenfänger und begann vorsichtig zu parieren. "halt dich an meinem finger", flüsterte er. der angeklebte hielt sich dort fest und der buchhalter löste ihn vorsichtig vom streifen. jetzt hätte ihm eigentlich das gleiche geschehen müssen, wie vorhin mir. aber der angeklebte wuchs nicht, wurde somit nicht schwer, konnte nicht auf dem boden landen, denn der buchhalter hielt ihn. "was soll ich nur mit dem maler machen?, so kann er doch nicht bleiben und ich muss mich um den keller kümmern. die rhabarerinnen wissen ja nicht, wie der raum funktionieren soll". der maler, ich war baff ihn so plötzlich doch noch zu gesicht zu bekommen und lebendig, nicht als mumie, wie der fischtäuscher mir glauben machen wollte. der maler klebte nun in der hohlen hand und machte gymnastische übungen. "ich werde ihn aus versehen zerquetschen, er kann dort nicht bleiben", sagte der buchalter, "du musst ihn nehmen. er wird schon wachsen". ihn drängte die zeit und er suchte nach einer lösung, wie er den maler sicher unterbringen konnte in meiner obhut. ihn mir in die hand zu geben, ging ja nicht, also, "aha", sagte er und griff aus frau dürrs krimskrams einen anstecker heraus, einen aus stoff, der berechtigte zum einlaß beim ross und reiter fest, das demnächst anstand. "das geht", sagte er und mit der nagelschere hatte er schnell ein paar schnitte gemacht, den maler gewindelt und gefragt, ob es ihm darin kommod wäre, worauf der nickte. er trat vor mich und sagte "kopf hoch! und pass gut auf ihn auf!". dann steckte er ihn mir an's revers und eilte davon.

"ich zupfte den, der abzustürzen drohte,
 aus der hand des angeleimten"