Dienstag, 7. Mai 2013

37. fortsetzung "nirgendwo"



meine kleider waren wieder trocken. ich kauerte auf der bank vor der hütte. über den see hin schnitt glockenläuten die schwere luft. jedenfalls keuchte sie. die wellen der heimkehrer schlugen herab. der fischtäuscher kam heraus und flitzte zum steg, warf seinen arm, hatte keine angel. er griff zum himmel, zupfte watte aus der nebelwand. es hatte sich zugezogen. er kam mit leeren händen zurück. als er sie mir auf die stirn legte, waren sie angenehm kühl. er setzte sich an meine schulter und lehnte sich an. er summte ein lied an. er brach ab und blieb ruhig sitzen. ich war eingeschlafen. irgendein tuch knatterte und zog. ein pfahl ächzte und gab nach. in der hütte war licht. ich folgte dem fischtäuscher hinein. er winkte mich ans fenster. "das ist der wasserturm". er zeigte ins dunkel, aber ich sah nur eine motte unter der lampe hindurchfliegen. ich starrte, weil er fortfuhr zu reden, weiter dahin, bis ich endlich glaubte einen fleck, der ein fenster sein könnte oder eine papierlaterne, zu sehen. "das ist der wasserturm und er wohnt immer noch da". "der maler?" fragte ich. "nein, der nicht, der wasserheld. du selbst hast ihn dort abgeladen, aber du hast es wohl vergessen". er drängte mich nicht und ich erinnerte mich nicht. "es ist ein alte geschichte. wir werden ihn nicht aufsuchen. es sei denn, er schiesst auf uns, von da oben. das würde ich nicht lustig finden". "weißt du", sagte ich, "ich will nicht zurück zum buchhalter. ich möchte gern ein eigenes zimmer zur miete". "wenn du morgen früh davonläufst, dann greif in die jacke. ich habe dir einen zettel hineingesteckt, ein adresse, dort kannst du fragen. aber jetzt", er griff die laterne, "kommst du mit und siehst dir an, was ich dir zeige". er ging sofort los und hielt die tür auf. die sterne waren zu sehen, da die wolken hinabgesunken waren und uns bis an die knie gingen. wir stiegen hindurch und ich folgte dem fischtäuscher, der voranging und die laterne hochhielt, bis zum schuppen. er war größer als die hütte in der er hauste. es war ein bootshaus, und im wasser, das vom see hereinschwappte, bewegte sich der nachen. er ging die stiege hinauf und stellte die laterne ab, um mit dem kienspan weitere lichter anzuzünden. durch die dielenritzen drang das dunkele von unten. der raum war hoch genug einen abstellboden aufzunehmen. der war etwa halb so breit und folgte der länge. wir gingen zuerst darunter und er leuchtete an die decke. bis auf ein kuheuter, das herabhing, gab es nichts zu entdecken. "da fehlt eine zitze". "ja, das ist für mich", sagte er, "da komme ich hinein. bleib stehen". er gab mir die laterne und ich hörte ihn nach oben steigen. über mir kam er zurück. nach einer weile sah ich die fehlende zitze ersetzt. "siehst du", rief er von oben. "will ich nicht", und sah weg, "komm wieder her". als die zitze verschwand, musste ich doch grinsen. "komm rauf" rief er. "nein, das mach ich nicht", rief ich, im glauben, ich solle es ihm nachmachen. "aber ich will dir noch etwas zeigen, etwas anderes". er nahm mich an der leiter in empfang und half mir rauf. "halt die lampe hoch". beide laternen erhellten den raum hinter dem loch für das falsche euter. ich erschrak mich so, das ich starr war. dahinten hockte auf einem kissen eine gestalt, die sich nicht regte. sie verbarg sich in einem dunklen umhang. der fischtäuscher nahm mich an die hand und löste mich. wir näherten uns, und ich blickte auf eine mumie, die im schneidersitz erstarrt, einen breitkrempigen steifen hut auf den kopf hatte. auf der krempe pappten stummel heruntergebrannter kerzen. um die schulter waren grüngefärbte hasenfelle, sammt köpfen und pfoten, gelegt und im schoss über den gefalteten händen schwebte eine glühende eierkohle. "der maler", flüsterte der fischtäuscher und schwenkte die laterne, er schwenkte dabei eine weihrauchkugel. ich fiel in ohnmacht und träumte zu schlafen. mich zog etwas am zipfel und ich schrie. da hielt mir der fischtäuscher den mund zu. es war heller morgen und unter uns war jemand. "still, sonst merkt sie den schwindel". der kerl hatte mich in meiner ohnmacht über das euter gelegt. und wie abgesprochen, hatte sie daran gezogen. ich rollte mich herum und suchte die hose. sie lag dort, aber der maler war fort. "komm jetzt, sie ist fertig". unten gab er mir ein stück brot und einen räucherfisch mit auf den weg. er drückte mich an sich und wünschte mir glück, als ich ging. "der zettel", rief er mir hinterher.   


"still, sonst merkt sie den schwindel"