Sonntag, 14. Juni 2015

119. fortsetzung "nirgendwo "


gerade als ich dachte, "nun weiß ich endlich wieder wie ich heiße!", da war die freude darüber schon zuende, denn wie sich herausstellte, meinte die kinderschar, ich wäre der, den sie erwartet hatten, denn jedes jahr kommt ab und zu opa kakki aus dem wald ins dorf, um seine waren anzubieten, das meinte gerdchen, als er fragte und mich opa kakki nannte. ich war ganz traurig, war nur ein hausierer und konnte gerdchen nicht auf dem arm nach hause tragen. gerade wollte ich ihm sagen, "komm gerdchen, komm ich trag dich, zeig mir den weg zu unserem haus, wie geht es omarie?, hat sie mich vermisst?, wartet sie auf mich?, red doch, erzähl mir alles, ist der hahn noch da, vor dem du so angst hattest?". da ich aber nur der hausierer war und das auch noch nur dem anschein nach, denn ich hatte nichts dabei, war ohne wagen unterwegs, ob sie dachten, ich hätte ihn ihm wald gelassen und würde ihn gleich holen und das neue spielzeug, seife und bürsten, dabei tanzen und musik machen. gerdchen sah, daß ich traurig war und griff meine hand, "nicht traurig sein opa kakki, dich haben wohl im wald die räuber überfallen und nun hast du garnichts mehr, komm mit mir, omarie hat sicher etwas zu essen für dich, sie kocht gut!". gerdchen strahlte mich an und ich ging mit ihm, die anderen rannten nebenan, bis zum haus, dort blieben sie am zaun und riefen "opa kakki ist da, hat aber nichts mitgebracht!". da ging die tür auf und omarie stand drin, sah gerdchen und mich und winkte uns schnell herein.




Samstag, 30. Mai 2015

118. fortsetzung "nirgendwo "


"opa kakki!, da kommt opa kakki!", und sie rannten mir entgegen, um mich an die hand zu fassen, zu ziehen, zu schubsen, bald hing eine ganze traube an mir. "nicht so wild, lasst mich mal zu luft kommen!". "wo warst du denn opa?" fragte mich der kleine, da sah ich erst, daß es gerdchen war. "wenn ich das wüßte gerdchen, weit weg, in der welt, ihr seht doch wo ich herkomme, da aus dem wald, die ganze nacht gelaufen". "hast du denn keine angst gehabt, opa kakki?". "ach gerdchen, angst hatte ich schon, aber die hat sich verkrümelt, wurde aufgepickt, von den schwarzen vögeln, denke ich". "hast du denn vor denen keine angst gehabt?". "doch, aber die haben sie auch aufgepickt".


Mittwoch, 27. Mai 2015

117. fortsetzung "nirgendwo"


es war nichts weiter geschehen. ich lag auf der wiese und vergrub mich in meinen armen. ich weinte. das gras, das ich nicht mehr sah, war auch nass. ich fror. wohin denn jetzt? der dunkle himmel hing über mir, wie eine scheibe, die zu brechen drohte, wie ein schwarzes glas. da wo gestern der wald war, glaubte ich die augen eines wolfs zu sehen, der den kopf gesenkt hielt. ich war zu ängstlich, sonst hätte ich versucht zu jaulen. er tat es nicht. ich sah keine augen mehr. mir kroch schauder über die haut, nach einer weile stand ich unter strom, eine schwacher kriechender strom, die arme hinauf und zu den hoden. da gingen endlich die sterne an. da stand ich endlich auf und wollte fortgehen, denn ich konnte mich nicht erinneren, ob es gestern schön war. da lachte es, nur ein spuk, das war ein altes lachen, längst verklungen, eine erinnerung, zu blöde, auch vorbei. als ich schon ging, holte mich der weg ein und schob sich unter meine füße. ich hatte eine milchkanne in der hand, die war ganz leicht. ade. ich summte und mir war nicht mehr so kalt. mal sehen, sagte ich mir.

Donnerstag, 2. April 2015

116. fortsetzung "nirgendwo "


"was schreist krähe?", fragte ich. die hatte sich aber schon abgewandt, saß jetzt andersherum auf der schulter des henkel, dem fremden, der mir schon ein freund war. ich stimmte ihm zu, es nutzt nichts, wenn der stab beim toten bischof liegt, hinaus in die welt muß er getragen werden, und das tat der maler henkel ja, mit freude, dabei höhnte und schimpfte der vogel, soll er doch. aber was er schreit er unentwegt, ohne daß es einen sinn gibt, oder verstehe ich ihn nicht. "elfen eine", unentwegt, mehr war da nicht zu hören. ich wollte hinüber gehen und ihn mir ansehen, den komischen vogel, vielleicht verstand ich ihn dann, da traf mich ein schlag an den kopf und ich fiel stattdessen frau paff in die arme. ich griff nach der wehen stelle. es blutete nicht. "das gibt eine beule" sagte sie und lief zum bach, das taschentuch ins wasser zu tauchen. "hier! fest drücken!", reichte sie es mir, das kühlte und tat gut. sie nahm mich an die hand und zog mich zum bach, wo wir uns setzten. sie tauchte das tuch wieder ins wasser und gab es mir. jetzt gab ich es nicht mehr her. "es ist genug", sagte ich. und sie schwieg. wir drehten uns beide um und schauten was der henkel macht. der stand gegen den wald und starrte auf die bäume. die krähe hielt jetzt den schnabel. es war wieder einmal still. "was sieht er da?", raunte ich der paff zu, sie legte ihre hand auf meine und raunte zurück, "der guckt nur". "so lange? und wer hat mich beworfen?". "manchmal fällt auch etwas vom himmel", meinte päffchen und tanzte wie ein äffchen. sie raffte die kittelschürze und hüpfte in den bach. "schön!", riefen wir beide, ihre beine waren jetzt im kühlen wasser, herrlich weiße waden, sie planschte. "he! henkel!" rief sie, "starr nicht! komm! leg den stab hin und hüpf auch hinein". ich wandte mich um und blickte in die richtung wo das haus stand, die häuser, es war ja ein ganze reihe, eins wie das andere, doch nicht auf der rückseite, auf die ich von hier blickte, alle hatte sich nach lust und laune ihren garten gestaltet. das ist eine seltsame stadt, so tot als ich kam, keinen traf, nur die paff. aber hier von der rückseite aus gesehen, war nichts mehr tot, nur abwesend schienen sie jetzt, die bewohner, als wären sie allesammt in urlaub gefahren und würden jeden moment zurückkehren.


Mittwoch, 11. März 2015

115. fortsetzung "nirgendwo "


frau paff kam mir dazwischen, sie griff nach dem krummstab, der junge hielt dagegen, es gab ein gerangel. "hast du den geklaut?", ich wollte gerade dem raben das püppchen aus dem schnabel nehmen. der war aber hochgeflogen, als frau paff zugriff, er landete gerade auf der wiese und ließ das püppchen los, er hatte eine nuß, schon geknackt und pullte in der schale. ich griff nach dem püppchen und nahme es vorsichtig hoch. ich betrachtete es und fand, das es aussah wie der unbekannte weggeselle, der am stadtor verunglückt war und sich verwandelt hatte, als er über mich hinwegsprang. das war er, so wie er aussah, als er da unten tot am steinhaufen lag, von dem er gefallen war. frau paff hatte aufgehört um den stab zu rangeln. "behalt ihn doch, ich will ihn nicht!". der kerl war zufrieden und blieb freundlich, "henkel", stellte er sich vor und streckte frau paff die hand hin. paff nahm sie und drückte sie. da waren sie versöhnt und beäugten sich. der rabe beäugte mich, der sein püppchen in der hand hielt und nachdachte. frau paff kam und sah auf das leblose kleine ding, das ich ihr entgegentrug, "das ist der utgeritten, ganz gewiß, das isser!". sie starrte das püppchen an und nahm es entgegen. "der arme uitgeritten, was dem passiert ist?", rätselte sie. "ist mir auch mal passiert", war mir plötzlich eingefallen und schon hatte ich es dahingesagt, frau paff hörte mir nicht zu, sie hatte den herrn uitgeritten gerade in ihrer schürze verstaut, ein arm und der kopf guckten heraus. was war mir passiert, fragte ich mich und es dämmerte mir, eine kötze, aus der ich rausschaute, und ich rief "marie, omarie!", an mehr konnte ich mich nicht erinnern. ich war aber quicklebendig damals und nicht so klein wie der herr uitgeritten. "was mach ich jetzt mit dem herrn uitgeritten?", fragte frau paff. "wo kommt der her?", fragte sie mich und ich sagte es ihr. "aber wo hat der rabe ihn her?" da sprach der henkel, "fand ihn bei der leiche an der eiche. der bischof hielt ihn in der hand". ich dachte er sprach vom krummstab, "das püppchen, das der uitgeritten ist,  das hatte der bischof in der hand, als ich ihn fand", reimte er weiter. "ein püppchen und der stab, was sollen die im grab?". der kerl hat also einen toten bestohlen, und jetzt, wo will er denn hin, überlegte ich, da war der rabe wieder zu ihm zurückgekehrt und krächzte laut von der schulter kerls, den frau paff jetzt mit namen ansprach. ich hatte immer noch keinen und grübelte weiter.


Montag, 9. März 2015

114. fortsetzung "nirgendwo "


es knackste, da ging einer und trat auf trockene zweige. frau paff scharrte mit den schuhen die aufgefüllte grube glatt. ich horchte, ob es doch die schweine waren, dort hinten, wo es herkam das geräusch. es knackste wieder, da schleicht sich einer an, da war ein tritt, kein galopp. "da ist einer!", frau paff lauschte kurz, sehr kurz, "höre nichts!". jetzt war da auch nichts. ich und frau paff standen herum. die grube war zu. es hätte zurück gehen können, zum haus, aber es ging nicht, wir standen da versonnen und jeder blickte so für sich dahin. ich auf das, was gerade herumkrabbelte, ein käfer warf ein blatt um und fiel dann selbst auf den rücken. frau paff hatte die hände in der kittelschürze und schien anzuwachsen, sie schaute jetzt rüber, ich hatte mich gebückt und half dem käfer wieder auf die beine. da sah ich jemanden kommen. der war auch schon gleich da. ein junger kerl, schlacksig kam er daher, und wenn er nicht einen krummstab hielte und ein rabe auf seiner schulter höckte, ich hätte ihn zurück gegrüßt und nach einigen gewechselten worten erwartet, daß er weiterginge. der junge schaute nach der grube. "was begraben?", er sah frau paff an. "ja!", sagte sie, "den hund?", fragte er, frau paff wollte nicht lügen, "nein, das schwein"  ich ging einen schritt vor und dachte, daß frau paff mir nachkäme, damit wir nicht mehr in der nähe der grube blieben. frau paff kam zusammen mit dem jungen nach. wir standen nun schon auf der wiese und zeigten uns alle im sonnenlicht. frau paff pfiff sich eine haarlocke aus der stirn und wischte sich den schweiß darunter ab. sie hatte die grube ganz alleine ausgehoben und wieder zugeschaufelt. der junge hielt den krummstab, als wäre er sein stolzer besitzer, was ich bezweifelte. er hielt ihn aber trotzdem so, als wäre er beauftragt, den krummstab, der so wertvoll war, durch die welt zu tragen und zu zeigen. hätte er einen schellenbaum stattdessen, würden mir jetzt die ohren klingen. dann war da noch der rabe auf seiner schulter, den er sicher nicht gezwungen hatte, dort zu sitzen. er zupfte sich gerade das gefieder, verbarg den schnabel unter dem flügel, als der schnabel wieder herauskam, da trug er ein püppchen, das hing quer im schnabel. ein männlein, grau angezogen, es sah so natürlich aus, als wäre es ein liliputaner, der leblos im schnabel des raben hing.




Samstag, 28. Februar 2015

113. fortsetzung "nirgendwo"


ich war wachgeworden. die vögel zwitscherten. ich lag mit frau paff auf der hollywoodschaukel in der loggia. frau paff war mein ruhekissen gewesen, meinen kopf hatte sie auf ihrem schoss gestattet. sie machte noch keine anstalten aufzuwachen, sie schnarchte ganz sonor und gleichmäßig, beinahe hätte ich mich wieder hingelegt. auf dem tisch stand die leere flasche schnaps. eine papierlaterne, ein mond, grinste zu mir herunter und ich erinnerte mich, daß sie so goldgelb geleuchtet hatte, den ganzen abend. ich stand auf, frau paff murrte im schlaf. ich öffnet die tür zum hof und schloss sie gleich wieder. es stank, das schwein stank, es begann zu verfaulen. ich stupste frau paff an, doch sie wollte die augen nicht aufmachen. "frau paff, das schwein, es stinkt!". frau paff lies die beine von der schaukel und setzte sich auf, die augen noch geschlossen. sie öffnete sie, als sie antwortete. "das ist ja ...!", und brach ab. sie stand auf und kam an die tür, blickte auf das schwein am haken. "da ist nichts mehr zu machen, es muß weg, gleich, nicht auszuhalten!", sie hielt sich die nase zu. ich war nicht begeistert, nochmal anfassen zu müssen, aber wenn es da weiter hing, würde es von stunde zu stunde schlimmer, eine ratte war schon vorbeigehuscht und fliegen kamen vorsichtig, nippten, brummten, flogen unruhig auf, ich glaube jetzt sind es schon sieben, acht oder zehn. frau paff löste den flaschenzug und das schwein vom haken, sie lies es zu boden gleiten und ging ein seil holen. wir zogen das schwein durch den garten und kamen zum zaun. frau paff nahm die bretter beiseite, die dort an der bruchstelle eingesetzt waren und wir konnten durch. mit dem schwein im schlepptau zogen wir durch die morgenwiese, wo es der tau wusch und ich wünschte mir, es würde wieder anfangen zu quieken, eine auferstehung an einem so schönen morgen wäre nur gerecht. aber es geschah nicht. da hatten wir es schon über die wiese gezogen und tauchten in den wald ein, unter die tannen. "so hier begraben wir es, hier ist der boden locker", sagte frau paff.