Mittwoch, 3. Oktober 2012

3. "texte 1960 - 1975"



geflüster 

keinen namen nennen 
still sein 
jetzt hört ihr es 
und doch 
sagen ist wagen 
kein wort 
wo wächst das blümlein 
hinter dem wald 
ein klafter holz 
ein zündholz 

nicht tag 
nicht nacht 
nicht stunden vergingen 
während ich schlief 
nichts verging 
es blieb 
und wollte nicht gehen 
draußen liegt schnee 
seit tagen 
scheint mir auch morgen 
wird schnee liegen 
deshalb alles umsonst 
hoffnungen schweigen 
der schrei 
jetzt nutzt er schon nicht mehr



2. "texte 1960 - 1975"



weg zur arbeit 

straßenbahnoberleitungen 
elektrizität strom fluß netz 
über durch 
stadt straßen 
vorbei an 
häusern geschäften bäumen menschen hunden blumen abfall autos schulen ämtern 
rote sonne wird violett im blau 
der kriegsstraßenbahnscheiben 
in der stadt hat sie ihr rot verloren 
verlorene sonne 
über einer verlorenen welt 
ich denke an die vergangenen tage viel 
auf einmal 
man kann nicht alles bewältigen 
sollen sie mich doch in ruhe lassen 
zuhause habe ich noch zwei flaschen bier 
und eine flasche sprudel 
es ist erst sieben uhr 
das stahlgitter vor dem eingang des bürogebäudes ist schon hochgezogen 
fünf eier in der tasche 
ich werde Sie am besten gleich kochen 
das büro ist leer 
ich bin der erste



1. "texte 1960 - 1975"


winter

vertrockneter johannisbeerstrauch 

hinten im garten 
dahingewelkt mit den jahreszeiten 
unter ihm 
mit gespreizten gefieder 
die meise 
den weg entlang 
über hart gefrorenen schotter 
zum birnbaum 
an ihm kein blatt 
und doch 
ungeschützt im klirrrenden frost 
früchte vergessen



summary: "texte: 1960 -1975"






winter

vertrockneter johannisbeerstrauch 
hinten im garten 
dahingewelkt mit den jahreszeiten 
unter ihm 
mit gespreizten gefieder 
die meise 
den weg entlang 
über hart gefrorenen schotter 
zum birnbaum 
an ihm kein blatt 
und doch 
ungeschützt im klirrrenden frost 
früchte vergessen






weg zur arbeit 

straßenbahnoberleitungen 
elektrizität strom fluß netz 
über durch 
stadt straßen 
vorbei an 
häusern geschäften bäumen menschen hunden blumen abfall autos schulen ämtern 
rote sonne wird violett im blau 
der kriegsstraßenbahnscheiben 
in der stadt hat sie ihr rot verloren 
verlorene sonne 
über einer verlorenen welt 
ich denke an die vergangenen tage viel 
auf einmal 
man kann nicht alles bewältigen 
sollen sie mich doch in ruhe lassen 
zuhause habe ich noch zwei flaschen bier 
und eine flasche sprudel 
es ist erst sieben uhr 
das stahlgitter vor dem eingang des bürogebäudes ist schon hochgezogen 
fünf eier in der tasche 
ich werde Sie am besten gleich kochen 
das büro ist leer 
ich bin der erste





geflüster 

keinen namen nennen 
still sein 
jetzt hört ihr es 
und doch 
sagen ist wagen 
kein wort 
wo wächst das blümlein 
hinter dem wald 
ein klafter holz 
ein zündholz 

nicht tag 
nicht nacht 
nicht stunden vergingen 
während ich schlief 
nichts verging 
es blieb 
und wollte nicht gehen 
draußen liegt schnee 
seit tagen 
scheint mir auch morgen 
wird schnee liegen 
deshalb alles umsonst 
hoffnungen schweigen 
der schrei 
jetzt nutzt er schon nicht mehr





mysteriöser mord 

der spross eines jungen rhabarbers 
bohrte  seinen rosaroten kopf 
durch die backsteine 
der schlafzimmerwand 
und sang der alten frau 
einige heilige lieder vor 
während die alte ihr gebiß 
in das wasserglas legte 
um am nächsten tag 
mit frischen zähnen 
um sich zu beißen 
sie freute sich über den besuch 
und lud ihn zu einer tasse 
holundertee ein 
in der nacht starb sie 
mord?
Die polizei fahndet nach dem letzten besucher





atme ich? 

ja ich atme 
neben dir atme ich 
drehe mich
und berühre deine haut 
sehe dich nicht 
berühre deine haut 
aber das leben in dir flieht 
die geschlossenen poren 
deiner haut 
der atem in mir bläht sich 
verschließt meinen hals 
dass ich nicht schreien kann 
aber du neben mir 
du lebst 
und deine haut ist heiß 
du lebst  
ich kann mich nicht rühren 
du berührst mich 
meine haut ist fest 
ich bin geschlossen 
tief in mir schreie ich 
ich kann mich nicht verlassen 
ich bin eingeschlossen
und du beugst dich über mich  
dein leben kämpft 
verzweifelt gegen mich 
ich will dir etwas sagen 
und schlage dich 
ich trete deinen leichnam von mir 
ich spüre deine kalte haut 
ich spüre deine atem nicht  
und dann kämpfen zwei leiber 
sich tot glaubend 
innerlich voller leben aber 
und da schlage und verletze ich dich 
und es tut mir weh 
denn ich stehe über mir 
und kann mir nicht helfen 
ich will dich nehmen 
und mit dir verschmelzen 
aber ich stoße dich fort 
und dann wenn es dich nicht mehr gibt 
wenn du meine nähe verlassen hast 
wache ich auf 
ich bin allein 
und du irgendwo 
bist allein 
die stunden 
die folgen 
voller angst 
der körper lebend 
verkrampft sich 
ist ohnmächtig vor dem schmerz 
den er erzeugt hat 
momente zuvor




Dienstag, 2. Oktober 2012

3. "texte 1975 - 1990"




.........

da kommt ein mann 
den berg hinauf 
hält den weißen backstein 
wie eine taschenlampe 
glitterig
mahnend 
dumme drecksau 
schrie sie 
geranienbewehrt 
aus dem fenster 
die küchenlampe 
schob einen strahl käsigen lichts 
hinaus in den schwülen abend 
die braune kutte stand still 
auf der schiefen ebene 
der berg bewegte sich 
über den abhang 
da rollte nichts 
den berg sauber gewischt 
kalter steifer kragen 
abwand 
seilschaften 
spät am abend 
hob den fuß 
und kein wird wirt nötig 
das wasser aus der flasche dabei 
gluck gluck 
einige male ins gesicht 
staub gegen tränen 
salzige flüsse 
der mond scheint 
die kutte schiebt sich hinauf 
der mund bellt 
du dummer drecksau 
schreit sie da wieder 
der übers lid gezuckt 
huck ab 
da jault einen luftballon 
eine tröte   
nervöses gezeter 
unterm untakt 
der küchenuhren 
speckige tücher 
gezurre 
halts fest 
kipps um 
bedächtige mahlzeiten
der alte  mann 
nimmt ein stück
Ißt's
die frau schweigt
die fensterflügel sind angelehnt
duftende sträucher 
schmerzen in der herzgegend
mir ist die brust so eng
faßreifen
stahlbänder
brauner kettenhund
gegerbtes schildkrötiges ledergesicht 
der mund ist so rein 
und rosa darinnen 
in der staubigen landschaft 
sauberes wasser läuft über die zunge 
verteilt sich 
sickert nach unten
salzige rissige lippen 

1. : "texte 1975 - 1990"



...........

die schattigen
moore
scheinen
nicht unterzugehen

die sonne verlässt den himmel und taucht hinab zu den palästen das moor steht senkrecht still
mit seinen vielen quadern
eine kleine tasse tee balanciert auf deinem bein
die bleichen seidenstrümpfe lassen nichts verschütten
von deinem feinen zittern
die eruption infolge deiner nervösen signale ereignet sich in nicht einzusehenden gegenden
eine talfahrt mit dem schlitten
oder einfach den berg hinab rennen
ich möchte die interessenkonflikte zwischen dir und mir entblättern
müde liegen die fetten kalten tulpenblätter auf der polierten holzplatte
umgrenzen den vasenfuß auf der weißen marmorplatte des nachtspinds
der blick ins innere wird frei
es sind schnittblumen
die saftigen stengel von der knollen getrennt
in ruschelndes seidenpapier versteckt
das oben umgekniffen und mit einer nadel gehalten wird
in den futtertöpfen der hunde
schlangen
angriffe aus dem nichts
atemfahnen in die kalte luft gehaucht
und dann doch nur botengänge
aus dem aufzug kommen
die blumen hinterm rücken gehalten
du wendest dich
und gibst dich in die nacht
die schweren vorhänge werden geschlossen
und es sind bilder von gestern
wie die bunten farben
wolken
und nichts anderes fällt mir ein
allenfalls ausreden
gemeinheiten
blumensträuße
ich gehe die straße entlang
bunte glatte reklamen demonstrieren gegen den verfall
die widerstandsfähigkeit neuer materialien entwöhnt uns
moose und flechten entfallen unseren blick
ich gehe nachhause
sturzbäche aus blut
steht in den geschichtsbüchern
hier läuft keiner amok
selten geschieht ein unglück
ich habe heute frei
was soll da denn sein
außer dieser trostlosen traurigkeit
über nicht zu sagendes
er schlägt mit der faust
in diese fresse
die er hasst
töten
töten
es ist das gleiche
wie sich nachher die hände vor die stirn zu mauern
ruhe
ich liege auf der bahre
und sie schieben mich endlos lang
durch gekachelte enge gänge
unter dem gelbstichigem kunstlicht



2. : "texte 1975 - 1990"




...........

stärker noch als rumpfgebeugt 
schmiert hänschen keine brote
morgen bin ich nicht dein freund 
morgen gibt es tote
durch habitus geplempel 
hosen eng geschnürt 
gefriert mit hundsgemeiner marmelade 
stinkend furzt das aasschwein hin 
ein sonntag 
nag nag 
im streckanzug 
mag nicht glauben wollen 
versöhnlichkeit 
abendstimmung 
liegt im schnee 
jeder fühlt sich selbst 
oh wie recht 
oh wie heilig recht 
kriegens gemacht 
hausgemacht 
da weiss man was man hat 
wer dümmer lebt 
und gesund bleibt 
und mitfressen kann 
häme und grinse 
keine freunde haben 
himmlischer zustand 
endlich ledig 
vom blöden 
geblök 
der durchfresser 
durchkommer 
newcomer


..........

gebälk 
schaltet um 
steckdosen 
unter lehmerde 
geruch von dahinter 
dunkel belegt 
und windschatten 
streicht drüber 
windsbraut 
schatten des balken 
streng und  gerecht 
zone des mondlichts 
geteilt 
silberweißes haar 
gespenster 
warm raunst 
aus dem eckchen 
schiebt sich übers bett 
bronzewarm der nackte leib 
und bebt 
geblasen von der atemluft 
steigt an 
tag 
steig auf 
freund 
brüste weich  
gleich hinterm eichenholz 
nur noch knarrende dielen 
bis dahin