Freitag, 27. September 2013

73. fortsetzung "nirgendwo"




"hier!, passen sie auf ihren führer auf, meine herren", der maler hielt die erbse hin und die schnauzbärte griffen nach ihr, dabei fiel sie wieder zu boden und sie krochen auf der erde herum. "und denkt daran, immer gut wässern, das hat er gern, und noch etwas, der tip des tages, ab in die
wanne, die erbse behutsam in der hand gehalten und dann baden die herren nackt mit ihrem führer, na! ist das nichts? und nun empfehlen sie sich, ich wünsche noch zu plaudern", er zeigte auf mich, "mit punkt karo und wenn es die ganze nacht dauert, keine störung mehr, bitte, punkt!". die schnauzbärte, die ihren führer nun wieder in der hand hielten, der rote durfte ihn halten, verabschiedeten sich rückwärts gehend fortwährend dienernd. "fein! fein!", riefen sie, "ganz fein! ja ein bad, ein bad wäre ganz fein!" "sie sind nun beschäftigt und wir tagen weiter, punkt karo". ich war mit dem maler bisher nicht warm geworden, zu fremd war er mir und die art, in der er sich gab, an der theke, vor den leuten, als wäre er ihr herr, gefiel mir nicht. "maler, hast du den keinen namen?", fragte ich hölzern. "nein, den tragen wir generellen nicht", erklärte er mir und wieder störte ich mich am ton, "es sei denn jemand gibt uns einen, den dulden wir, wenn er nicht arg ist". ich fuhr fort, vergaß alle regeln eines leichten gesprächs und fragte erneut, ohne daß sich bei mir wissbegier abzeichnete, sicher blass und mit müden augen, "maler, hast du schon bilder gemalt". verunsichert, ob ihn meine art zu fragen nicht störte , fragte ich noch steifer, "hast du schon ein bild gemalt?" jedes kind hätte besser gefragt. ich fragte so, als läse ich die fragen vom zettel ab. "bilder habe ich gemalt", antwortet er, "ich nehme es nicht so wichtig, wie die künstler, aber es ist durchaus amüsant. das elektrische bringe ich dort lieber nicht hinein, wie einst der generelle, der ein porträt malte, das anstelle des darstellten alterte. er verlor sein ansehen und seine fähigkeiten und bemalte danach nur noch porzellan". wohl vom ärger über seine hochnäsige art, schoß mir wieder blut in den kopf. bevor ich etwas einwenden konnte fuhr er fort, "ich sehe künstler, die versuchen ihre bilder  lebendig erscheinen zu lassen und ruhen nicht damit, bis es ihnen scheinbar gelingt. kein wunder, daß ihnen geister und daimonen von hinten die stirn graulen und um die brille streiten, sie zu halten. aber es ist ihnen freigestellt, etwas erobern zu wollen, an das wir schon gebunden sind". dann kam er auf mich, "deine signaturen sind gut, zumindest teilweise funktionieren sie, aber was soll die zweite durchscheinende signatur auf der rückseite, das verträgt sich nicht, laß das sein. ich sehe, du versuchst die elektrische farbe nachzuahmen, mit dem fuzzeligen pinsel, gut daß du keine hast, sonst wirst du uns noch begeistern", er lachte darüber.  fragen vom zettel brauchte ich nun keine mehr. ich versuchte wieder etwas über tipsi herauszubekommen. jedes mal wenn der name "tipsi" fiel, kam unruhe in der schenke auf. einer der betrunkenen lärmte, "die hure hat hans und georg getötet". ich wollte hin und ihm sein glas ins lästermaul hauen. der maler hielt mich aber am ärmel, "lass nur, das wird ihm bald heimgezahlt, warte nur, bald", raunte er vielsagend. unser gespräch wurde allgemeiner. es kreiste um ort und umgebung, wie man wohin käme. der busverkehr war immer noch unterbrochen und ein fußmarsch zur stadt würde durch sumpfland führen und war wegen der riesenschweine gefährlich. "aber", wandte ich ein und zeigte auf die säufer, "die müssen doch auch mal raus, die sitzen doch nicht tag und nacht hier". sie klotzten herüber. "wo gehen sie sonntags hin?". "na, durch die wendetür", sagte der maler und zeigte in den gang, der zum klo führt.  ich sah aus dem dunkel heraus kaum sichtbar eine tür, eine blechtür anscheinend, die ich als zugang zum vorratsraum gedeutet hätte. "da habe ich aber noch keinen hineingehen sehen", sagte ich. "es ist nur am wochenende geöffnet". "und was ist dahinter?" "alles weitere, zuerst ein bordell, dann die kirche und letzten endes auch der schlachter. letzten sonntag, kam einer mit einem halben tier über der schulter heraus, ihm folgte die witwe von georg, dem georg der in der mühle war und bitter bezahlte, für das was er tipsi antun wollte". "was ist passiert, maler?", flehte ich ihn an, "du weisst es doch mehr, erzähl nur!". "gut, dann die geschichte, die böse endete, als zwei..", er stand auf und erzählte sie laut,".. besoffene kerle beschlossen noch spaß zu haben, und weil die wendetür geschlossen war, es war ja erst dienstag, na, was haben gerufen, ihr wart doch alle hier, ihr habt es doch gehört und sie noch angeheizt, "ja geht zu tipsi, und nehmt sie euch, nehmt sie euch..", das habt ihr geschrien, besoffen, bis sie gingen. was dann in der mühle passierte, werden wir bald erfahren, wenn tipsi zurückkommt, und sie kommt zurück, das verspreche ich euch, die rhabarberinn kommt zurück!". dann setzte sich der maler wieder, den ich nun bewunderte, weil er so aufbrauste. die säufer lallten wieder unter sich, tuschelten leiser und patschten sich selbst über die wange, wischten sich mit dem handrücken den schweiß von der stirn, bekamen wieder etwas eingeschenkt und starrten wieder ins glas. ich sah nach der blechtür, der angeblichen wendetür, "ja, kann man nicht durch sie in die stadt kommen. irgendwo muss es doch dahinter rausgehen?". "nein, erklärte der maler müde, "alles dahinter ist ein geschlossener raum. ich weiß noch nicht einmal, wo er angesiedelt ist, vielleicht garnicht auf der erde. bisher hat noch niemand mit der spitzhacke gegen die wände gehauen". 




"die schnauzbärte, die ihren führer nun wieder in der hand hielten,
 der rote durfte ihn halten,
verabschiedeten sich rückwärtsgehend fortwährend dienernd"