Freitag, 9. November 2018

nirgenwo band 4

„was willst du? ein frisches laken! nimm es." in dem durcheinander, ein frischgemachtes bett, an dem ort, an den es mich verschlagen hat. ich hörte stimmen. alberenes gerede, das mir zusprach, es hätte mir nichts besseres passieren können. nur im kopf. da war niemand. nur ein widerhall. das haus stand leer. der eigentümer war abgereist. statt es zu verkaufen, hatte er auf die tapete geschrieben, es solle dem gehören, der im juli, und wenn denn nicht im juli, so auch noch im august, ankäme, dem es aufgefallen war, dass es leersteht. mir war es aufgefallen, das haus, noch vor dem dorf gelegen. da ich niemanden antraf, es dunkel war, hatte ich mich einquartiert, nur für diese nacht, denn eigentlich dachte ich daran weiterzuziehen. aber so kam es nicht. das wetter am morgen war gerade schön und im wilden garten blühten die rosen und dufteten, dass ich garnicht anders konnte als noch zu bleiben.

ich habe mich entschieden zu bleiben, und meinen aufenthalt erst einmal hier auf die bühne verlagert. es gibt im ort ein theater, das ebenfalls verwaist, darauf wartet, dass man es wieder bespielt. so beschloß ich ein doppelspiel zu inszenieren, zum haus hatte ich nur einige minuten, und so konnte ich zwischen den kulissen, natur und bühne, hin und her gehen. tagsüber war ich im garten geblieben und hatte überlegt. sicher hätte ich dort bleiben können. doch es war wieder am dämmern, kühl geworden, und um meine geschichte voranzubringen und mir einen warmen platz zu besorgen, kümmerte ich mich gleich um die inszenierung, ersteinmal einfach um einen stuhl auf der bühne, knisterndes holzfeuer, ein doppelspiel zwischen der wirklichkeit und dem bühnenbild. am tag hatte ich noch scheu, das haus wieder zu betreten, vielleicht war das nur ein scherz und so wollte ich erst einmal draußen bleiben, im dunkeln zum schlafen dann hineingehen. mir fällt auf, dass ich mir stets das angenehmste vorstelle, wenn ich an meiner geschichte stricke, ich laufe gefahr, als lebemann zu erscheinen. ich sollte auch dann zurechtzukommen, wenn ich keinen einfluss auf den fortgang der geschichte habe, was nicht der fall ist. das bett habe ich selbst bezogen, die damastwäsche ist vorhanden. ich habe jetzt auf der bühne platz genommen, sitze im stuhl, bald in ähnlicher umgebung, im garten, auch hier wird ein haus zu sehen sein. den bühnenmalern wird es gelingen, mir einen platz zu schaffen, den ich bis zur premiere nutze, den fortgang der geschichte zu finden, über die rollenvergabe, sollte es jemals zur aufführung kommen, zu bestimmen, wobei ich unter den personen, die bisher im buch auftauchten, auch eine behandelen will, die ich gelegentlich „ich" nenne. ich ertappe mich dabei, wieder und wieder erlaube ich es mir, mit den puppen zu spielen. ich war in der lage hervorzuzaubern und zu behaupten. ich hatte sie mir schnitzen lassen, immer wenn ich eine neue rolle erfand. sie befinden sich noch in den pappschachteln, in denen sie lagen, als ich sie bekam, eingeschlagen in seidenpapier. ja, da sind sie. ich packe sie vorsichtig aus. nun, da sie vor mir liegen, bin ich bereits dort, wohin ich mich eben bestimmt hatte. in die hand nehmen kann ich sie nur dort, hier kann ich sie mir nur vorstellen, nicht wirklich sehen. es ist nicht so, dass durch den gedanken ein bild erscheint, auf das ich blicken kann, es prüfen. wer bist du? was willst du? kein film, der in meinem kopf anläuft, wenn ein gedanke auf etwas hinweist, gedanken sich versammeln, eine geschichte verabreden. es scheint eher so zu sein, die gedanken deuten auf etwas, das ich nicht sehe, aber verstehe, weiss, dass es da ist, sogar als bild, aber nicht bildhaftig, und gleichermaßen darauf reagiere, als würde es mir erscheinen. die gedanken zeigen mir das wesentliche, aber täuschen mich auch, lassen mich nicht wahrnehmen, dass ich hier blind bin, beim vorstellen, beim denken. wäre es anders,  würde ich wirklich sehen, an was ich denke, sähe ich die krähe vor mir, den hund, das haus, das mädchen. was sollen sie alle da, zwischen dem was ich gleichzeitig mit den augen sehe. aber während ich denke, kann ich gleichzeitig sehen. was ich aber sehe, muss ich denken, bevor es mir erscheint. ist es so? ich denke, finde mich nicht zurecht, warte auf eine passage, den gedanken der zündet, sinn stiftet. wenn schon keine bilder, dann doch zum bild hin denken, den flüchtigen bildern folgen, auf die spur kommen. hinzu kommt, das sie erst fliehen, will ich sie mir vorstellen. der gedanke ist es nicht, der kommt, erst die vorstellung, die notwendig wird, um ihn zu äußern, im worte, in der geste, im laut. wenn ich hinsehe, bin ich noch nicht da, kann nicht sagen was ich gesehen habe. ich will verstummen. das brummen abstellen. das rauschen. das vorschlagen. beruhigen, dass ich bereit bin. ich bin bereit. „sag etwas. rede mit mir. woran denkst du?". das bettzeug sah heute morgen, als die sonne darauf schien wunderschön aus. den weissen stoff durchwirkten blumen. ich kann verweilen, schaue ich auf etwas, das da ist, vor mir erscheint, gegenwärtig. wenn ich mit dem fuß eine linie in die erde furche, das entzückt mich. ich habe verstanden. besser dies, als unendliche viele bilder betrachten. da sind sie im überfluss, gedankenlos bleiben sie liegen. ich kann mich nicht erinnern. ich erinnere mich, fühle, sehe, rieche, höre. der zauber wirkt und deutet, als gebe es das.